Stan Wawrinka (37) macht sich keine Illusionen. «So wenig Tennis wie ich gespielt habe, wird es schwierig für mich, in Wimbledon weit zukommen», schreibt der Romand in der «Player's Tribune». «Ein letztes Kapitel» heisst der Beitrag, den der dreifache Grand-Slam-Champion verfasst hat. Darin spricht er darüber, wie er ernsthaft über einen Rücktritt nachdachte, nachdem er sich letztes Jahr zweimal am linken Fuss operieren lassen musste. «Ich wusste, wie schmerzhaft die Reha sein würde.»
Doch Wawrinka hat immer noch Lust auf Tennis. Und auf Arbeit. Denn wenn er etwas kann, dann ist es das: Hart arbeiten. «Als ich mit acht Jahren angefangen habe, habe ich niemals davon geträumt, Grand Slams zu gewinnen. Die waren für besondere Spieler. Ich war nur ein Bauernbub aus der Schweiz. Auch als Teenager war ich nie der Beste meines Jahrgangs, nie habe ich einen Junioren-Meistertitel gewonnen.» Sein Ziel war, Profi zu werden. «Ich wäre glücklich gewesen, die Top 100 zu knacken.»
In Wimbledon wartet Youngster Sinner
Nun, es lief deutlich besser. Auch, weil Wawrinka seinem Stil treu blieb. Zum Beispiel im US-Open-Final 2016, als er gegen Novak Djokovic ranmusste und so nervös war, dass er vor dem Spiel in der Garderobe weinte. Am Ende siegte er in vier Sätzen – auch, weil er sich austrickste. «Ich wusste, dass ich zu viel überlege. Die einzige Lösung war, mich selber müde zu spielen. Wenn du erschöpft bist, hat dein Hirn keine Zeit, über all den Mist nachzudenken. Darum habe ich versucht, längere Ballwechsel zu spielen, bis die Stimme in meinem Kopf verstummte.»
Egal, wie weit Wawrinka in Wimbledon kommt: Ein Ziel hat er noch. «Ich will noch einmal ein Turnier gewinnen. Das muss kein Grand Slam sein, ob ATP 1000, 500, 250, irgendein Level. Das spielt keine Rolle.» Noch aber ist der Schweizer im Südwesten Londons im Turnier. Am Montagnachmittag wartet in der ersten Runde der Südtiroler Jannik Sinner (20, ATP 13) auf ihn. Und wer weiss, vielleicht hat Wawrinka noch den einen oder anderen Trick im Ärmel. (eg)