Als sein Halbfinal-Sieg gegen Matteo Berrettini (ATP 7) feststeht, ist zu sehen, wie viel der Einzug in den Final der Australian Open Rafael Nadal bedeutet. Sein emotionaler Ausbruch wird von den stehenden Ovationen der Rod Laver Arena begleitet. Am Sonntag steht er kurz davor. Kurz davor, sein Comeback bestmöglich zu krönen, endlich den zweiten Titel in Down Under zu holen und gleichzeitig die Fabelmarke des 21. Grand-Slam-Titels zu knacken. Die ewigen Rivalen Novak Djokovic (34) und Roger Federer (40) würde er in dieser Hinsicht hinter sich lassen.
Er gehört bereits zu den Besten aller Zeiten. Sollte er Daniil Medwedew (ATP 2) bezwingen, würde der aktuell geteilte Major-Rekord allein ihm gehören und ihn zum erfolgreichsten Profi der Welt machen.
Für den Mallorquiner spielt der Rekord jedoch eine eher untergeordnete Rolle. «Letztendlich – und da bin ich ganz ehrlich – ist es für mich viel wichtiger, Tennis spielen zu können, als den 21. Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Denn es macht mich glücklicher, das zu tun, was ich am liebsten tue, als einen weiteren Grand Slam zu gewinnen.»
«Schwierig zu verstehen»
Jeder Sieg in Australien ist für ihn ein Erfolg von immenser Bedeutung. «Alles, was ich tue, überrascht mich. Es ist sehr schwierig für mich und alle, die mich in den letzten sechs Monaten begleitet haben, zu verstehen, dass ich auf diesem Niveau spiele», so der 35-Jährige nach seinem Halbfinal-Sieg.
Als er vor rund vier Wochen in Melbourne landete und dies in den sozialen Medien freudig teilte, war sein breites Lächeln auf dem Bild nur eines: aufrichtig. Nach seiner langen Verletzung und der Corona-Erkrankung war es für den 89-fachen Turniersieger ein Genuss, auf dem blauen Court stehen zu können.
Besonders, weil ihn seit seinem Titel von 2009 das Pech in Australien verfolgt hat. Alle vier weiteren Endspiele gehen verloren, regelmässig macht ihm der Körper einen Strich durch die Rechnung. Mal zwickt der Rücken, mal streikt das Knie, mal machen ihm muskuläre Probleme zu schaffen.
Vier Kilo im Match abgenommen
Auch dieses Jahr ist er nicht frei von körperlichen Problemen. Nebst seinen chronischen Fussschmerzen plagten ihn gegen Denis Shapovalov (ATP 14) ein Hitzschlag und Magenprobleme. Die Folge? Durch starke Dehydrierung habe er während der Partie vier Kilo abgenommen, wie sein Trainer Carlos Moya enthüllte.
Bei einem Triumph wäre er erst der vierte Spieler, der alle vier Majors zweimal gewinnen konnte. Mit Medwedew steht ihm aber ausgerechnet derjenige gegenüber, der im vergangenen September auch dem «Djoker» in die Rekord-Suppe spuckte. Eine Rolle, die ihm zu gefallen scheint: «Ich bin glücklich, wieder die Chance zu bekommen, jemanden davon abzuhalten, Geschichte zu schreiben. Dafür muss ich aber mein bestes Tennis zeigen.»
Der erste Platz der Weltrangliste winkt
Der 25-Jährige besteigt so oder so den Tennis-Thron und beendet die mittlerweile 82-wöchige Regentschaft von Djokovic als Weltnummer 1. Der Serbe wird kommende Woche den Platz weiterhin innehalten, doch durch weitere Anpassungen wäre Medwedew am 21. Februar die neue Nummer eins im Falle eines Sieges. Wenn er verliert, einfach eine Woche später. Zudem würde der Bad Boy als erster Spieler der Open Era in die Geschichte eingehen, der seine ersten beiden Grand Slams an zwei aufeinanderfolgenden Turnieren gewinnt.
Es ist somit angerichtet für einen packenden Final am Sonntagvormittag (9.30 Uhr live auf SRF zwei). Egal, wer gewinnt, ein kleines oder grosses Stück Geschichte wird geschrieben werden.