Grand Slam ohne Nadal, Federer, Wawrinka
Was sind die US Open so noch wert?

Die US Open trotzen Corona – aber ihnen laufen die Stars davon. Tennis-Experte Heinz Günthardt erwartet dennoch heisse Spiele. «Wer gewinnt, muss viel leisten.»
Publiziert: 06.08.2020 um 00:28 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2020 um 11:24 Uhr
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Für Roger Federer ist die Saison 2020 nach zwei Knie-Operationen so oder so gelaufen. Doch nun verzichten andere Top-Spieler auf eine Teilnahme an den US Open.
Foto: keystone-sda.ch
Cécile Klotzbach

Roger Federer passt für den Rest der Saison. Rafael Nadal «folgt dem Herzen», verzichtet aus Sorge vor der Corona-Pandemie. Von den «Big 3» hat bislang nur Weltnummer 1 Novak Djokovic die Ende August startenden US Open nicht abgesagt.

Was bedeutet ein solches Aufgebot für ein Grand-Slam-Turnier? Die Antwort kann nur zweierlei ausfallen: den lang erwarteten Durchbruch auf höchster Ebene für die nächste Generation – oder einen Lauf für Weltnummer 1 Novak Djokovic, dem der 18. Majorsieg geradezu auf dem Präsentierteller serviert wird.

Der Schweizer Tennis-Experte Heinz Günthardt sagt BLICK aus seiner Wahlheimat Schweden die erste Variante voraus. «Es könnte die Chance für Dominic Thiem, Stefanos Tsitsipas oder Alexander Zverev sein.» Djokovic habe gegen die Nummer 3, 7 und 6 der Welt schon mehrfach verloren, die Konkurrenz gehe gesamthaft weit über Federer und Nadal hinaus. «Die US Open sind also alles andere als ein Frei-Brief für Novak Djokovic», ist sich Günthardt sicher. Der Erfahrungsvorsprung vieler Major-Siege sei zudem nicht nur positiv für den Serben. «Er weiss auch, was er zu verlieren hat und wie es schief laufen kann.»

Absage-Welle wegen Nadal-Entscheid?

Dennoch: Von den Top Ten der Weltrangliste hat auch Gael Monfils (ATP 9) abgesagt, nur Vorjahresfinalist Daniil Medvedev (ATP 5), Matteo Berrettini (ATP 8) und David Goffin (ATP 10) stehen noch auf der Spielerliste. Nadals Entscheidung könnte aber eine weitere Absage-Welle zur Folge haben. Auch der Deutsche Zverev ist noch hin- und hergerissen, sagt er doch: «Ich hätte es lieber, wenn die US Open nicht stattfinden. Aber wenn, was sollen wir Spieler nur machen? Es geht ja auch um Ranglistenpunkte.» Dieselben Zweifel prägten wohl auch die europäischen Topspieler Fabio Fognini oder Stan Wawrinka, die sich trotz allem lieber auf die anschliessende Sandsaison konzentrieren wollen, statt in die Corona-gebeutelten USA zu reisen. Dass nun auch das Turnier in Madrid aus Angst vor Covid 19 nicht stattfindet, dürfte ihnen nicht in die Karten spielen.

Günthardt hält trotz allem daran fest, dass die US Open – wenn sie denn durchgeboxt werden – mit besagtem Aufgebot als Grand-Slam-Event nicht weniger Wert sind als sonst. «Der Stellenwert eines Grand-Slam-Events ist relativ, das hat auch die Vergangenheit gezeigt», sagt er. «Kurzfristig wird er vielleicht in Frage gestellt, aber langfristig bleibt eine geringere Bedeutung kaum in den Köpfen der Menschen hängen.»

Wimbledon-Boykott im Jahr 1973

Der Fed-Cup-Captain und TV-Kommentator verweist auf das Jahr 1973, als die ein Jahr zuvor gegründete Spielergewerkschaft ATP in Wimbledon zu einem Boykott aufrief. Die Verbände bestimmten damals, welcher Spieler an welchem Turnier antreten durfte – Top-Star Niki Pilic wurde gesperrt, weil er nicht zu einer Davis-Cup-Partie erschienen war. Aus Solidarität traten knapp über 90 Spieler nicht zu den Rasen-Championships in London an. «Von den Stars war nur Ilie Nastase dabei, ansonsten wurde das Teilnehmerfeld sogar mit den besten Junioren aufgefüllt», erinnert sich Günthardt, der damals als 14-Jähriger in Wimbledon spielte. «Es gewann Jan Kodes, übrigens vor vollen Rängen. Der Tscheche erreichte darauf auch den US-Open-Final. Er ist noch immer ein stolzer Wimbledon-Sieger – die wenigsten fragen heute nach den Umständen.»

Für Günthardt ist deshalb klar: «Weil es alle Menschen betrifft, bleibt 2020 wohl länger als Pandemie-Jahr in Erinnerung. Aber wer die US Open gewinnt, wird später nicht in Frage gestellt. Und sicher ist: Er wird viel dafür leisten müssen!»

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