Der Superstar im Zwiegespräch mit seinem Körper
Was Nadal von den Inuit lernen kann

Rafael Nadals grösster Gegner wird in nächster Zeit nicht der Mann auf der anderen Seite des Netzes sein, sondern sein eigener Körper. Eine Einordnung von Blick-Tennisexperte Heinz Günthardt zum Comeback des 22-fachen Grand-Slam-Siegers.
Publiziert: 30.12.2023 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 30.12.2023 um 01:10 Uhr
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Rafael Nadal will es noch einmal wissen – in Brisbane kehrt er auf die Tour zurück.
Foto: AFP
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Heinz GünthardtBlick-Kolumnist

Die ganze Tennis-Welt wird auf Rafael Nadal blicken, wenn er in Brisbane endlich wieder Bälle schlägt. Doch niemand, nicht einmal der Spanier selbst, wird abschätzen können, wie lange dieses Comeback tatsächlich dauern wird. Nur ein Spiel? Ein Turnier? Ein paar Monate? Oder doch – was wir alle hoffen – die ganze Saison? 

Nadal muss niemandem mehr etwas beweisen. Er hat jedes Grand-Slam-Turnier mindestens zweimal gewonnen und unzählige Krimis überstanden. In diesem neuen und letzten Kapitel seiner Karriere wird sein grösster Gegner aber nicht mehr der Mann auf der anderen Seite des Netzes sein, sondern sein eigener Körper.

Dieser wird ihm deutlich signalisieren: «Was du tust, tut mir nicht gut.» Nadal wird mit Sicherheit am Tag nach dem Match mit Schmerzen aufwachen. Denn wegen der zusätzlichen Anspannung reagiert der Körper immer.

Und genau das konnte er während der Vorbereitung nicht simulieren. Die Akzeptanz der Schmerzen nimmt rapide ab, wenn man mal kurzfristig keine hat. 

Ich mag mich noch gut an eine Begegnung mit Nadals Presseverantwortlichen Benito Perez-Barbadillo erinnern. Das war während einer früheren Verletzungspause. Er sagte mir, dass es unglaublich frustrierend sei: Rafa betreibe so viel Aufwand und habe beim Spielen dennoch wieder Schmerzen. Ich erklärte ihm, dass es gar nicht darum gehe, schmerzfrei zu spielen. Sondern darum, zu wissen, wie er mit der Situation umzugehen hat.

Mir kam daraufhin eine Studie in den Sinn, in der mit Inuit ein Schmerz-Test gemacht wurde. Beim ersten Versuch gaben die Inuit an, nichts zu spüren – derweil die gleichzeitig getestete Kontrollgruppe in Kalifornien den Versuch sehr wohl als schmerzhaft empfand. Daraufhin steckten sie die Inuit ein paar Wochen in ein schönes Hotel und testeten sie erneut. Dabei kam heraus: Plötzlich tat es ihnen auch weh.

Das Fazit war: Weil die Inuit – in ihrer rauen Umgebung in der Arktis – ständig Schmerzen ausgesetzt sind, lernt der Körper, besser mit ihnen umzugehen und sendet andere Signale aus.

Perez-Barbadillo meinte, er müsse diese Geschichte an Nadal weitergeben. Denn ihm würde nur ein Comeback gelingen, wenn er ebenfalls lerne, die Umstände zu akzeptieren und mit den Schmerzen zu leben. Das wird 2024 mehr denn je so sein.

Richtig ist die Rückkehr ohnehin. Denn nur schon der Gedanke an ein Comeback ist der Beweis dafür, dass da noch ein letzter Funke in ihm schwelt. Lassen wir ihn diesen noch einmal entfachen! Und egal, wie es rauskommt: Er kann danach in Ruhe abtreten.

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