Als um 23.48 Uhr Djokovics Duell gegen Berrettini vorbei ist, lässt der Serbe seinem Innersten freien Lauf. Unfassbar, welche Emotionen er zeigt. Da muss jetzt alles raus. Djokovic reckt die Faust, stösst Urschreie aus. So hat man ihn noch nie gesehen, noch nie gehört und man stellt sich unweigerlich die Frage: Auf welcher Mission ist dieser Mann?
«Das Spiel hatte alles: Stürze, das Publikum, die Pause. Auch viel Intensität. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass ich angespannt war», erklärt Djokovic seinen Ausbruch. Berrettini habe ihn ständig unter Druck gesetzt in seinen Aufschlagspielen. «Es war sehr stressig, immer unter Druck zu stehen. Die Reaktion dann am Ende des Spiels war für mich befreiend nach all der Spannung, die sich während des Spiels angesammelt hatte.»
Am Freitag kommts nun im Halbfinal zum Duell der Giganten: Djokovic gegen Nadal. Im Direktduell führt der Serbe mit 29:28. Die letzten zwei Partien (Rom-Final 2021 und French-Open-Endspiel 2020) gingen allerdings an den Spanier. Nur zwei Spieler haben Rafael Nadal bislang in Roland Garros bezwingen können: Robin Söderling und ... Novak Djokovic.
Einen Satz gibt Djokovic, der 34-jährige French-Open-Champion von 2016, im Viertelfinal gegen den Italiener Matteo Berrettini (25, ATP 9) ab – 6:3, 6:2, 6:7 (5:7), 7:5. In der Runde zuvor warens gar deren zwei.
Zuschauer werden nach Hause geschickt
Die Partie gegen Berretini findet erstmalig vor 5000 Zuschauern während der Night Session auf dem Court Philippe-Chatrier statt – zumindest bis 22.45 Uhr. Wegen der Ausgangssperre werden die Fans dazu aufgerufen, nach Hause zu gehen.
Bloss: Es halten sich nicht alle an diese Aufforderung. Schlicht zu spannend ist dieses Match, das sich zu diesem Zeitpunkt im vierten Satz befindet.
Also wird das Spiel um 22.55 Uhr kurzerhand unterbrochen. Djokovic und Berrettini verschwinden in den Katakomben, die Zuschauer verlassen widerwillig die Anlage. Eine Viertelstunde später kehren die Tennis-Stars zurück auf den Sandplatz, die Affiche wird fortgesetzt.
Berrettini: «Pause hat mir nicht geholfen»
«Das war sehr schade und hat mir überhaupt nicht gefallen. Aber ich muss es akzeptieren»; sagt Berrettini zu der Szene. «Im Match spürte ich den Applaus, ich sah mich gut spielen, daher war das für mein Tennis nicht das Beste. Körperlich hat mir die Pause auch nicht geholfen. Als ich auf den Platz zurückkam, fühlte ich mich nicht gut. Aber als Tennisspieler musst du dich auf alles einstellen können.»
Djokovic ist der Unterbruch eher entgegengekommen. «Es machte mir nichts aus, denn ich konnte die Pause und einen Neustart brauchen», sagt er. «Es ist sicherlich bedauerlich für die Zuschauer, aber das wussten wir vor dem Spiel.» Es sei vor dem Unterbruch aber eine tolle Atmosphäre gewesen.
Um 23.48 Uhr landet Berrettinis Rückhand im Netz. Und Djokovic läuft emotional so richtig heiss. Das war ein hartes Stück Arbeit. Eines ist sicher: Im Halbfinal gegen Nadal wirds definitiv nicht einfacher. (yap)
