Es ist der denkbar schärfste Kontrast für Novak Djokovic im Vergleich zum Vorjahr: 2021 sorgte der Serbe mit dem Drama um seinen Impf-Status noch für einen der grössten Tennis-Skandale. Jetzt kehrte der «Djoker» nach Melbourne zurück. Und es wurde ein triumphales Comeback in Down Under.
Mit einem diskussionslosen Sieg im Final der Australian Open hebt sich der 35-Jährige nochmals in ganz neue Sphären. Am Montag wird Djokovic wieder die Weltnummer 1 sein. Mit dem 22. Grand-Slam-Titel zieht er auch wieder im Intim-Duell mit Rafael Nadal gleich. Und es ist zugleich auch der zehnte Coup von Djokovic in Melbourne. Zum Vergleich: Roger Federer konnte das Turnier sechs Mal gewinnen und folgt damit als Spieler mit den zweitmeisten Titeln an den Australian Open.
«Du hast noch viel mehr Zeit als ich»
Auf die Machtdemonstration auf dem Platz – Djokovic fertigt Tsitsipas ohne Satzverlust 6:3, 7:6 (7:4), 7:6 (7:5) ab – folgen beim Serben die Tränen. Während des Jubels in der Box mit seinem Team sackt Djokovic plötzlich zusammen und bleibt mehrere Augenblicke schluchzend liegen. Später sagt er im Platz-Interview mit offensichtlicher Genugtuung: «Das ist, unter all diesen Umständen, der grösste Sieg für mich.» Die Szenen machten nochmals deutlich: Der Ausschluss vor einem Jahr und die anhaltenden Diskussionen um seine Person sind nicht spurlos an Djokovic vorbeigegangen.
Bei Stefanos Tsitsipas wird der Final als Abend der verpassten Chancen in Erinnerung bleiben. Auch der Grieche hätte mit einem Sieg den Sprung auf den ersten Platz der Weltrangliste schaffen können. Doch dafür zeigte der 24-Jährige in den entscheidenden Momenten immer wieder Nerven. Besonders in den beiden Tie-Breaks des zweiten und dritten Satzes konnte Djokovic seine Klasse unter Beweis stellen.
Von Djokovic gabs nach dem Duell nur lobende Worte für seinen Final-Widersacher. Tsitsipas habe bestimmt nicht zum letzten Mal in einem Grand-Slam-Final gestanden. «Du hast noch viel Zeit», sagt Djokovic zum niedergeschlagenen Griechen, «viel mehr Zeit als ich».