Macht Corona dem Weltcup einen Strich durch die Rechnung?
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Rennen in St. Moritz in Gefahr:Macht Corona dem Weltcup einen Strich durch die Rechnung?

Weltcup wegen Corona-Chaos vor dem Aus
So verzweifelt kämpft St. Moritz um die Skirennen

Die hohen Fallzahlen und die neue Corona-Variante Omikron könnten auch den Sport in der Schweiz wieder aus der Bahn werfen. Am akutesten gefährdet: Die Weltcup-Rennen der Frauen in St. Moritz. In diesen Stunden wird darum gerungen, ob in zehn Tagen gefahren werden kann.
Publiziert: 30.11.2021 um 11:58 Uhr
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Aktualisiert: 30.11.2021 um 18:43 Uhr
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Können Lara Gut-Behrami…
Foto: Getty Images
Mathias Germann und Emanuel Gisi

Im Engadin freuen sie sich seit Monaten auf ein Skifest. In zehn Tagen sollen in St. Moritz Speed-Stars von Corinne Suter bis Lara Gut-Behrami die Engiadina-Piste herunter brettern. Doch jetzt ist die Weltcup-Party mit zwei Super-G am 11. und 12. Dezember in Gefahr.

Weil das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Kanada wegen der neuen Corona-Variante Omikron auf die Risikoliste gesetzt hat, müssen seit Dienstag alle Reisenden aus dem nordamerikanischen Land zehn Tage in Quarantäne – auch die Skirennfahrerinnen, die dieses Wochenende in Lake Louise (Ka) im Weltcup-Einsatz stehen. Heisst konkret: Praktisch der komplette Frauen-Weltcup müsste anderthalb Wochen aussetzen. Zwischen dem Super-G am Sonntag in Lake Louise und dem ersten Rennen am 11. Dezember in St. Moritz liegen aber nur sechs Tage. Es braucht also keine Kenntnisse in höherer Mathematik, um festzustellen, wie schlecht die Chancen stehen, dass in St. Moritz gefahren wird.

«Wenn alle zehn Tage in Quarantäne müssen, kann niemand fahren»

«Es sieht nicht gut aus», sagt Jürg Capol, Marketing-Direktor beim Ski-Weltverband FIS, zu Blick. «Wenn man die BAG-Auflagen anschaut, ist der Fall eigentlich klar. Dann kannst du St. Moritz vergessen. Wenn die Fahrerinnen alle zehn Tage in Quarantäne müssen, dann kann niemand fahren.»

Doch noch ist die Hoffnung nicht ganz tot. Am Dienstagmittag trifft sich St.-Moritz-OK-Chef Martin Berthod mit den Spitzen von Swiss Ski und Swiss Olympic. Thema der Sitzung: Wie lassen sich die Rennen noch retten? Gibt es eine Chance auf eine Ausnahmebewilligung? FIS-Mann Capol sieht durchaus Argumente, die dafür sprechen: «Im Weltcup sind die Fahrer und Fahrerinnen in einer Bubble, werden jeden zweiten Tag getestet. Alle Athleten, die in Kanada gefahren sind, sind aufgrund der Auflagen der kanadischen Gesundheitsbehörden doppelt geimpft. Das können wir alles dokumentieren und als Sicherheit anbieten. Das versuchen wir alles mit dem BAG anzuschauen.»

Das BAG empfiehlt «zurückhaltend zu bewilligen»

In Kombination mit einem strengen Testregime mit Corona-Tests vor dem Abflug, nach der Landung und 24 Stunden später könnte es möglicherweise eine Lösung geben, glaubt Capol. «Aber wie die Chancen stehen, das kann ich unmöglich sagen.» St. Moritz-Chef Berthod hat auch schon darüber nachgedacht, den Weltcup-Zirkus mit einem Spezialflug aus Kanada einzufliegen.

Im Moment ist der Fall aus Sicht der Behörden klar. «Das BAG empfiehlt den Kantonen, Ausnahmen von der Quarantäne, beispielsweise im Sport, sehr zurückhaltend zu bewilligen», schreibt das BAG auf Blick-Anfrage. Man stehe mit den betroffenen Organisationen im Austausch. «Der zuständige Kantonsarzt kann für bestimmte Anlässe Ausnahmen aussprechen von der Test- bzw. Quarantänepflicht», sagt Michael Gerber vom BAG. Die Frage: Lässt sich der Bubble-Gedanke auch auf den Skizirkus anwenden? «Dort sind ja wesentlich mehr Leute involviert und die ziehen von Ort zu Ort weiter. Hier ist es sicher schwieriger, aber wir werden diese fragen sicher noch klären, zusammen mit den entsprechenden verbänden.»

St. Moritz opfern, um die Saison zu retten

Im schlimmsten Fall müsste St. Moritz abgesagt werden. «Wobei das vielleicht gar nicht der Worst Case ist», sagt Capol. «Wenn wir den Weltcup für eine Woche pausieren müssen, um danach in Europa eine normale Saison zu haben, ist das angesichts der aktuellen Situation vielleicht sogar die beste Ausgangslage. Im Moment geht es um Schadensverminderung.» St. Moritz müsste sich opfern, um die restliche Saison zu retten.

Vieles ist in diesen Stunden also noch offen. Sicher ist: Hinter den Kulissen kämpfen Organisatoren, Funktionäre, Sicherheitsbehörden und Gesundheitsbeamte darum, wie es weitergeht. Swiss Olympic bezeichnet die geltenden Reisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen als «nicht tragbar». «Als Dachverband des Schweizer Sports fordert Swiss Olympic vom Bundesrat und auch von den Kantonen, dass eine Lösung gefunden wird, welche die Durchführung der bevorstehenden internationalen Sportanlässe und die Befreiung von den Quarantänebestimmungen für Spitzensportlerinnen und Spitzensportler ermöglicht», wird Präsident Jürg Stahl in einer Mitteilung zitiert.

Doch vielleicht ist am Freitag wieder alles anders: Dann dürfte der Bundesrat seine endgültigen Verschärfungen bekanntgeben – und könnte die Karten noch einmal komplett neu mischen.

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