Der grosse Abfahrts-Tag am Hahnenkamm beginnt für den Janka-Clan aus Obersaxen wenig verheissungsvoll. Carlos Vater Reto darf auf Einladung des langjährigen Rennleiters Peter Obernauer die Streif besichtigen.
Begleitet wird er von seinem ältesten Sohn Pirmin und Hans Feuz, dem Vater des Abfahrts- Leaders Beat. Bei der Steilhang-Ausfahrt passiert das Missgeschick. Reto rutscht weg und küsst das Fangnetz! Weh tut sich der 65-Jährige zum Glück nicht. Aber eingeschüchtert ist der Obersaxer, der in seiner Jugend bei Regionalrennen einige Erfolge herausgefahren hat, danach allemal: «Es ist wirklich brutal, wie steil und eisig diese Piste ist.»
Rund viereinhalb Stunden später meistert Retos prominenter Junior die «Mausefalle» und den Steilhang absolut brillant – Carlo fährt mit einem Vorsprung von sieben Hundertsteln auf Beat Feuz über den Hausberg. Doch im letzten Streckenabschnitt verbremst der letzte Schweizer Gesamtweltcupsieger der Saison 2009/10 einen Podestplatz und landet mit 93 Hundertstel Rückstand auf dem 10. Schlussrang.
«Irgendetwas funktioniert hier nicht richtig im Kopf»
Im letzten Streif-Abschnitt hat der Kitzbühel-Dritte von 2016 in den letzten zehn Jahren regelmässig bessere Platzierungen vergeben. «Ich versuche, diese Passage jedes Jahr mit mehr Überzeugung zu fahren, aber irgendetwas funktioniert hier nicht richtig im Kopf.»
Jankas Ex-Coach Jörg Rothen liefert einen Erklärungsansatz: «Gut möglich, dass Carlo auch elf Jahre nach dem schrecklichen Zielsprung-Crash von Dani Albrecht im Hahnenkamm-Finish vom Unterbewusstsein ausgebremst wird.» Fakt ist: Janka ist Danis Kampf ums Überleben besonders nahegegangen, weil er bis dahin mit dem Walliser das Zimmer geteilt hat.
Viele Chancen, die goldene Kitz-Gams zu erobern, bekommt der 33-Jährige nicht mehr. Der Vater der am 4. September 2019 geborenen Ellie will maximal noch bis zu den Olympischen Spielen 2022 in China fahren.
«Der psychische Stress setzt mir bei Rennen wie hier in Kitzbühel immer mehr zu. Und das Aufstehen am Morgen ist auch nicht mehr so, wie ich mir das wünschen würde.» Auch das Ambiente in Kitzbühel macht den «Iceman» nicht wirklich heiss. «Wenn man in Betracht zieht, dass so viele Menschen hierherkommen, ist die Stimmung wirklich schlecht. Die Leute hier sollten sich ein Beispiel an den grossartigen Ski-Fans in Adelboden und Wengen nehmen.»
Das klingt alles nicht wirklich danach, dass aus der Zweckgemeinschaft zwischen Janka und Kitzbühel eines Tages doch noch die grosse Liebe entsteht.