So schuftet Petra Vlhova in der Schweiz für die Saison
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«Ich versuche, zu überleben»:So schuftet Petra Vlhova in der Schweiz für die Saison

Slalom-Olympiasiegerin Petra Vlhova über Krisen, Schmerzen und Luxus
«Ich habe oft geweint, als es nicht lief»

Kritiker nannten sie einen Ski-Roboter, doch Petra Vlhova (27) hörte nicht auf sie. Und gewann alles. Heute ist die Slowakin glücklicher denn je – aber auch nachdenklicher.
Publiziert: 14.11.2022 um 19:41 Uhr
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Weiter, immer weiter! Oder doch nicht? Blick besucht Ski-Olympiasiegerin Petra Vlhova bei ihrem Training in Saas-Fee.
Foto: Andrea Soltermann

Blick: Petra Vlhova, mögen Sie Schmerzen?
Petra Vlhova: Nein. Aber ich will die Beste sein. Und darum bin ich bereit, Dinge zu tun, die ich manchmal nicht mag.

Sie gelten als Frau, die im Konditions- und Krafttraining besonders hart zu sich ist.
Wenn es richtig wehtut, gehts nur ums Überleben. Aber auch andere Menschen haben schwierige Tage in ihren Jobs.

Verraten Sie uns Ihren Motivationstrick?
Den gibt es nicht. Ich habe dieses innere Feuer einfach in mir – vielleicht wegen meiner Eltern.

Ihr Vater Igor besitzt Maschinenbaufirmen, früher betrieb er mit Ihrer Mutter Suzana ein Restaurant.
Sie haben von früh bis spät gearbeitet, dieses Gen gaben sie mir wohl weiter.

Im Gegensatz zu den Fahrerinnen grosser Ski-Nationen müssen Sie Ihr Team selbst finanzieren. Wie halten Sie diesem Druck stand?
Das gelang mir nicht immer. Ich habe oft geweint, als es nicht rund lief. Irgendwann habe ich gemerkt: Am besten bilde ich eine Blase um mich herum. Einzig die Personen innerhalb meines Teams sind wichtig, ich höre nur auf sie. Würde ich diese Blase öffnen und den Druck von aussen hineinlassen, würde es nicht klappen.

Mehr Druck als bei den letzten Olympischen Spielen werden Sie nie mehr spüren, oder?
Nach dem ersten Slalom-Lauf erlebte ich die härteste und nach dem zweiten Lauf die schönste Zeit meines Lebens.

Sie fuhren von Rang 8 zu Gold.
Es war das grösste Ziel meiner Karriere. Dann habe ich es erreicht – es war wie in einem Film, einfach unglaublich.

Gemäss einer Umfrage sind Sie das bekannteste Gesicht der Slowakei. Bei Ihrer Ankunft nach dem Olympiasieg wurden Sie von Zehntausenden gefeiert, die Post widmete Ihnen eine Briefmarke.
Diese Anerkennung zu spüren, macht mich stolz. Nach der Karriere werde ich mich nicht nur an meine Wettkämpfe, sondern an solche Erlebnisse erinnern.

Welche sind die Schattenseiten?
Es ist manchmal schwierig, dass mich fast alle Leute als Star sehen.

Können Sie ungestört durch Bratislava schlendern?
Nein. Manchmal möchte ich mit meinem Freund einfach in ein Restaurant und mein Leben geniessen. Doch es werden ständig Handys gezückt.

Marco Odermatt erzählte im Blick, dass er sogar während des Essens um Selfies gebeten wird.
Sagt man in solchen Situationen «Nein», denkt die Person, man sei arrogant. Es ist schwierig. Schön wäre es, wenn sich die Fans in uns hineinfühlen und warten würden, bis wir fertig gegessen haben. Gleichzeitig verstehe ich es, wenn sie die Chance auf ein Foto nutzen wollen – sie kommt nicht oft.

In Ihrer Heimatstadt Liptovsky Mikulaš leben 30’000 Einwohner. Ist es dort besonders mühsam?
Im Gegenteil! Da kennt mich jeder seit meiner Kindheit – die Menschen müssen nicht mehr ständig mit mir reden, sondern grüssen einfach freundlich.

Sie haben den Gesamtweltcup gewonnen, dazu WM- und Olympiagold geholt. Eigentlich könnten Sie zurücktreten.
Aber ich bin noch jung (schmunzelt)! Im Ernst: Nach der Goldmedaille in Peking fiel ich in ein mentales Loch, ich war komplett leer.

Haben Sie mit 26 Jahren ernsthaft an Rücktritt gedacht?
Ja, sicher. Schliesslich habe ich alles erreicht, wovon ich als Kind geträumt hatte.

Weshalb entschieden Sie sich anders?
Nach dem letzten Winter ging ich zuerst einen Monat in die Ferien, habe keine Minute ans Skifahren gedacht. Danach kam ich zum Entschluss, doch weiterzumachen.

Weshalb?
Ich liebe den Sport nach wie vor. Aber ich muss meine Karriere anders planen. Ich bin nicht mehr 20, mein Körper ist anders. Ich weiss, was es braucht, um schnell zu sein. Gleichzeitig benötige ich mehr Pausen als früher.

DCX STORY: doc7nkm6o4ea7bmrfvclxe [Das ist Vlhovas Team]

Welche Ziele setzten Sie sich in diesem Winter?
Ich will im Slalom erneut richtig stark sein und mich im Riesenslalom verbessern. Und dann bei der WM in Méribel zuschlagen, klar.

Ski: Das Schweizer Lazarett lichtet sich

Zuerst folgt der Saisonauftakt in Levi. Da haben Sie schon fünf Mal gewonnen und darum fünf Rentiere erhalten. Haben Sie schon einen Namen, sollte Ihre Herde Zuwachs erhalten?
Suzana, der Name meiner Mutter.

Warum liegt Ihnen der Hang so gut?
Es geht flach los, danach wird es steil. Das mag ich. Ist es umgekehrt, habe ich Mühe, den Rhythmus zu finden.

In der letzten Saison gewannen Sie sechs von neun Slaloms. Dabei sagten früher viele, Sie könnten nur mit Kraft fahren.
Mir ist egal, was andere sagen. Ich fahre mit mehr Power als andere, das liegt in meinen Genen. Aber Kraft allein reicht nicht. Wissen Sie, als ich ein Kind war, hatten wir kaum Geld. Wir fragten darum überall nach Unterstützung. Viele meinten: «Sie ist talentiert, kann aber nicht mit Widerständen umgehen.» Zum Glück habe ich nicht auf sie gehört.

Ski: Das Schweizer Lazarett lichtet sich

Zurück in die Zukunft. Lindsey Vonn, die Ski-Königin aus den USA, fuhr bis zu ihrem 34. Lebensjahr. Können Sie sich so etwas vorstellen?
Wäre ich ein Mann, vielleicht schon.

Wie meinen Sie das?
Für Männer ist ein später Rücktritt einfacher. Ich dagegen würde gerne mal eine Familie haben und weiss, dass meine biologische Uhr tickt. Gleichzeitig habe ich gelernt, nicht zu weit nach vorne zu schauen. Olympia 2026 ist mittlerweile in meinem Hinterkopf – was danach kommt, werden wir sehen.

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