Das Alter? Ist nur eine Zahl.
Mit 32 Jahren, 9 Monaten und 14 Tagen übernimmt Lara Gut-Behrami mit ihrem Riesen-Sieg in Soldeu (And) die Führung im Gesamtweltcup. Liechtensteins Ski-Fürst Marco «Büxi» Büchel (52) ist entzückt: «So gut wie jetzt war Lara noch nie. Sie schaut weder nach rechts noch nach links, sondern zieht ihr Ding durch – einfach genial. Ich hoffe wirklich, dass Lara nicht wie angekündigt schon nach dem nächsten Winter zurücktritt. Bleibt sie gesund und fit, kann sie noch länger an der Spitze mitmischen.»
«... das spricht für Lara»
Mit ihrem dritten Sieg in Serie überholt Gut-Behrami im Kampf um die grosse Kristallkugel ihre Rivalin Mikaela Shiffrin (28, USA). Sie hat nun fünf Punkte Vorsprung. Tönt nach wenig? Ist es auch. Noch stehen 14 Rennen auf dem Programm, das ist knapp ein Drittel aller Wettkämpfe. Gleichzeitig ist völlig unklar, wann die am Innenband verletzte Shiffrin zurückkehren wird.
«Und ob Mikaela dann gleich wieder an ihre Glanzleistungen anknüpfen kann, ist die grosse Frage», so Büchel. Der ZDF-Ski-Experte kann sich gut vorstellen, dass das Duell bis zum Weltcupfinale heiss bleibt. «Zwar gibt es noch mehr Speed- als Technik-Rennen – das spricht für Lara. Aber andererseits werden Abfahrten und Super-Gs wegen des Wetters auch häufiger abgesagt.»
Gut-Behrami: «Das ist eine Ehre»
Sollte Gut-Behrami bis zum Ende des Winters den Ski-Thron behaupten, wäre sie die älteste Gewinnerin der grossen Kristallkugel in der Geschichte des Weltcups. Büchel: «Bei meinem Kitzbühel-Sieg 2008 war ich 36 – auch das war damals ein Altersrekord. Doch diesen wurde ich rasch los. Heute kann man viel länger als früher vorne mithalten.»
Noch will Gut-Behrami nichts von einem möglichen Gesamtweltcup-Sieg wissen – er wäre nach 2016 ihr zweiter. Dennoch sei sie stolz, auf der Zielgeraden ihrer Karriere um die grosse Kristallkugel zu kämpfen. «Dass ich mit 32 Jahren diese Möglichkeit habe und mit den Besten mithalten kann, ist eine Ehre.»
Das Wort «mithalten» ist dabei eine glatte Untertreibung. Zwar ist Gut-Behami in Soldeu nach dem ersten Lauf nur Neunte («ich habe ihn verpennt»), dann drückt sie aber mächtig aufs Gaspedal. Sie fährt aggressiv, verschenkt keinen Meter, driftet nie. Nur bei einem Rumpel-Tor im Steilhang verschlägt es die Ski – fast allen andern passiert dies aber auch.
«Ich hätte nicht gedacht, dass es zum Sieg reicht. Umso glücklicher bin ich», sagt Gut-Behrami. Kurz darauf bedankt sie sich in perfektem Spanisch beim Publikum. Man fragt sich einen Augenblick lang: Gibt es eigentlich etwas, das diese Frau nicht kann?