Die Schmerzensschreie von Kajsa Vickhoff Lie am San-Pellegrino-Pass gingen durch Mark und Bein. Ihre Ski-Bindung hatte sich bei einem schweren Sturz nicht geöffnet, die 22-Jährige verdrehte sich schlimm das Knie und brach sich Schien- und Wadenbein. In einem Interview mit dem norwegischen Sender «TV2» sagte sie, sie wünsche die Schmerzen der ersten Minuten nach dem Crash ihrem schlimmsten Feind nicht.
Vier Monate danach denkt Vickhoff noch nicht an eine Rückkehr. Sie hat noch immer Schmerzen und Probleme beim Gehen. Wenigstens ist sie im Alltag nicht mehr auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. «Es war ein traumatisches Erlebnis mit vielen Rückschlägen.» Mittlerweile gebe es aber wieder kleine Aufschwünge. «Ich muss akzeptieren, dass ich ziemlich weit unten bin und mit kleinen Schritten, die ich früher als selbstverständlich angesehen habe, zufrieden sein muss.
An die Momente nach dem Unfall kann sich Vickhoff noch gut erinnern. «Nach dem Sturz fühlte es sich an, als wären zwei Stunden vergangen, bis ich Hilfe bekam. Ich wünschte, ich wäre ohnmächtig gewesen, weil es so weh tat. Ich war klar im Kopf und habe versucht, Anweisungen zu geben, aber es war schwierig, weil die Helfer eine andere Sprache sprachen.» Irgendwann bekam sie Schmerzmittel. Aber: «Ich habe die Wirkung der Medikamente nicht gespürt. Als ich Richtung Zielraum abtransportiert wurde, packte ich da meine Teamkollegin Ragnhild Mowinckel und sagte, sie müsse mir noch mehr Schmerzmittel geben. «Ich kann nicht mehr!»
Das Bein bewegt sich, der Fuss bleibt liegen
Etwas später der Schockmoment: «Ich erinnere mich, dass ich im Krankenhaus in Italien war und versuchte, meinen Fuss zu heben. Dann sah ich, dass das Bein still im Bett lag, während sich das Knie bewegte. Da merkte ich, dass es ziemlich kaputt war.»
Auf den Sturz folgte eine ganze Reihe von Operationen. «Ich hatte ein gebrochenes Bein, dazu noch eine komplizierte Knieverletzung. Das Knie funktioniert mittlerweile wieder sehr gut.» Es sei das Bein, mit dem sie zu kämpfen habe.
Doch das Ziel Vickhoffs bleibt klar: bis zu den Olympischen Spielen 2022 wieder bereit und in Topform sein. Überstürzen will das Abfahrtstalent aber nichts: «Wenn ich zu früh zurückkomme, wird es mich für den Rest meines Lebens verfolgen. Ich möchte es also ruhig angehen lassen.» (tim)