Selten zuvor ist ein namhafter Sporfunktionär innert so kurzer Zeit im Sympathie-Ranking so tief abgestürzt wie Johan Eliasch (60). Vor zwölf Monaten hat er bei der Wahl zum FIS-Präsidenten trotz starken Konkurrenten wie Swiss-Ski-General Urs Lehmann und dem Schweden Mats Arjes bereits im ersten Wahlgang 54 Prozent der Stimmen geholt. Nun hat der britisch-schwedische Milliardär bei der Wiederwahl ohne Gegenkandidat nur noch 70 der 126 Stimmen erhalten. Somit hat Eliasch acht Stimmen weniger bekommen als die Neuseeländerin Fiona Stevens, die beim Kongress in Mailand als letzte den Sprung in den FIS-Council geschafft hat. Eine Ohrfeige sondergleichen.
Weshalb schaffte Eliasch die Wiederwahl?
Die grössten Ski-Nationen forderten eine anonyme Wahl inklusive der Möglichkeit, «Nein» zu Eliasch zu sagen. Der Kroate Vedran Pavlek wiederholte diesen Wunsch mehrmals – ohne Erfolg. Die Statuten würden dies nicht vorsehen, hiess es seitens der FIS. Daraufhin verliessen zahlreiche Vertreter den Raum, ohne zu wählen. Letztlich reichten Eliasch die (vielen) Stimmen von mittleren und kleinen Nationen wie Ghana oder Costa Rica, um im Amt zu bleiben. Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann nannte die Wahl auf sozialen Netzwerken eine «Muppet-Show».
Warum ist Eliasch bei vielen unbeliebt?
Viele seiner Ideen sorgen bei den grossen Ski-Nationen für Kopfschütteln: Rennen in Dubai, Speed- und Technik-Kombinationen, dazu Riesenslaloms mit nur einem Lauf. Vielleicht noch entscheidender ist, dass Eliasch die Landesverbände mit einer zentralen Vermarktung des Weltcups regelrecht enteignen will. Zwar sieht man auch in Österreich und der Schweiz diesbezüglich Potenzial, allerdings gibt es bestehende Verträge. Sprich: Man kann nicht Knall auf Fall alles über den Haufen werfen.
Warum gab es keinen Gegenkandidaten?
Tatsächlich hätte die Möglichkeit bestanden, bis zum 31. März einen Konkurrenten zu Eliasch zu nominieren. Allerdings stellte der FIS-Präsident erst eine Woche später seine konkreten, wenig beliebten Pläne dem FIS-Council vor. Da war es schon zu spät.
Kann Eliasch doch noch gestürzt werden?
Nicht nur Swiss-Ski, sondern auch andere Verbände prüfen rechtliche Schritte. «Das Wahlprozedere war ein Witz. Eine Wahl, bei der die einzig gültige Stimme eine Ja-Stimme ist, entspricht nicht unserem Rechtsverständnis», sagt Diego Züger, stellvertretender Geschäftsführer beim Verband.
Würde Urs Lehmann übernehmen?
Der Aargauer erhielt bei seiner Wiederwahl in den FIS-Council 107 von 115 möglichen Stimmen (93 Prozent). Damit ist er einer der grossen Sieger von Mailand. Aber: Er hat sich mittlerweile beruflich anders positioniert und müsste eine erneute Kandidatur wohl genau prüfen.
Wie stark ist Eliasch noch?
Obwohl Eliasch auf dem Papier Präsident bleiben darf, wird er in Zukunft mit seinen Plänen kaum noch durchkommen. Das liegt auch daran, dass mit dem Amerikaner Dexter Paine sein letzter Verbündeter von den führenden Ski-Nationen aus dem FIS-Vorstand abgewählt wurde.