Seit 16 Jahren ist Lara Gut-Behrami (32) im Ski-Zirkus unterwegs. Ein so verrücktes Rennen wie dieses in Jasna (Slk) hat aber auch sie noch nie erlebt.
Die Tessinerin verliert 4,49 Sekunden auf die schwedische Überfliegerin Sara Hector (31). Eine Schlappe! Oder doch nicht? Fakt ist: Ihr Monster-Rückstand reicht aus, um Sechste zu werden. Und weil Federica Brignone (33, It) schon nach vier Toren ausscheidet, übernimmt sie die Führung im Riesenslalom-Weltcup.
«Diese Abstände sind Wahnsinn»
Ein Trost ist das für die Gut-Behrami nicht – das macht sich bei ihren ihren TV-Interviews deutlich. «Diese Abstände sind ja Wahnsinn. Das einzig Positive ist, dass ich heil nach Hause gehe», sagt sie. Ihre Analyse ist verständlich, spielt sich doch in der Niederen Tatra Verrücktes ab. Doch der Reihe nach.
Als Gut-Behrami im ersten Lauf mit der Startnummer 2 das Ziel erreicht, scheint die Welt noch in Ordnung. Sie schüttelt zwar leicht den Kopf, Schnitzer hatte sie aber keine. Dann folgt Hector. Mit Kraft und Können pulverisiert sie Gut-Behramis Marke und ist 2,97 Sekunden schneller. «Normalerweise kannst du mit diesem Abstand deine Sachen packen», sagt Gut-Behrami. Im zweiten Lauf verliert sie noch einmal 1,52 Sekunden auf Hector – macht in der Summe 4,49 Sekunden. «Das Gefühl war katastrophal!»
Eigentor von Swiss-Ski?
«Zeitabstände dieser Grösse habe ich im Weltcup noch selten erlebt», sagt der Schweizer Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor. Die Frage ist: Wie konnte es so weit kommen? Der Hang ist nicht besonders schwer, das Wetter normal (minus 8 Grad) und die Unterlage bestens präpariert. Oder? «Beim Hangbefahren am Freitag sah alles wunderschön aus. Doch in der Nacht hat sich alles gewandelt, plötzlich fuhren wir auf einer Mischung aus Eis und sehr aggressivem Schnee», sagt Gut-Behrami.
Sie kommt damit nicht klar. Im ersten Lauf ist ihr Material-Setup zu scharf. «Die Abstimmung hat überhaupt nicht gepasst, ich konnte keinen einzigen Schwung ziehen. Es hat mich von oben bis unten gebremst», so Gut-Behrami.
Selbst der sehr drehende Kurs des Schweizer Trainers Heini Pfitscher behagt ihr nicht. Hat Swiss-Ski ein Eigentor geschossen? Tschuor verneint: «Es stimmt, dass sich Lara den Kurs wohl unrhythmischer gewünscht hätte. Aber es klappt selten, wenn man gezielt fürs eigene Team setzen will. Heini Pfitscher hat diese Aufgabe gut gelöst.»
Historische Austria-Pleite
Viele Fahrerinnen wirken auch wegen des Sturzes von Petra Vlhova (28, Slk) verängstigt, anderen geht irgendwann der Sprit aus. «Ich bin noch ganz – manchmal vergisst man diese Dinge», tröstet sich Gut-Behrami.
Immerhin: Das Schweizer Team überzeugt. Camille Rast (9.) beweist ihre ansteigende Form und Mélanie Meillard fährt als 13. so stark wie seit sechs Jahren nicht mehr. Auch Simone Wild (17.) und Jasmina Suter (20.) holen Punkte, während Michelle Gisin (30) enttäuscht und den zweiten Lauf verpasst.
Fünf Schweizerinnen in den Punkten? Davon kann man in Österreich nur träumen. Keine schafft es auf die Schlussrangliste – das gab es seit 1985 nicht mehr.