Als die Laubernrennen Corona bedingt nach Kitzbühel verlegt werden musste, glaubten einige Experten, dass Carlo Janka der grosse Verlierer von diesem Transfer sein könnte. Tatsächlich verknüpft der Iceman mit Wengen die deutlich besseren Erinnerungen als mit dem Hahnenkamm. Während er auf der Lauberhornabfahrt neben seinem Sieg 2010 auch zwei dritte Ränge (2011 und 2015) einfahren konnte, hat der Bündner auf der «Streif» eine Top-Platzierung oft im letzten Streckenabschnitt vergeben.
Hintergrund: Janka ist 2009 der schreckliche Abflug von Dani Albrecht beim Zielsprung besonders Nahe gegangen, schliesslich war er damals der Zimmerkollege vom Walliser. Deshalb dürfte Janka in der Vergangenheit auf diesem letzten Streif-Abschnitt vom Unterbewusstsein gebremst worden sein.
Janka: «Hatte sehr gutes Gefühl»
Doch das heutige Training deutet darauf hin, dass der Gesamtweltcupsieger der Saison 2009/10 dieses Trauma besiegt hat. Janka überzeugt mit der fünftschnellsten Zeit. «Ich habe zwar noch nicht alle Passagen optimal getroffen, aber alles in allem hatte ich während dieser Fahrt ein sehr gutes Gefühl.» Das liegt auch daran, dass sich seine Rücken-Probleme derzeit in Grenzen halten. «Es geht mir momentan sehr viel besser als während der Vorbereitung auf diese Saison.»
Und deshalb rechnet auch Team-Leader Beat Feuz damit, dass Janka in diesem Jahr bei der Vergabe der goldenen Gams ein gewichtiges Wort mitreden wird. «Dass Carlo technisch zu den besten Abfahren gehört, ist ja seit vielen Jahren bekannt. Und wenn sein Körper mitmacht, muss man mit ihm rechnen. Zurzeit imponiert er mir vor allem mit seinen Fahrten in der Steilhangausfahrt – wirklich stark.»
Feuz fühlt sich weniger wohl
Feuz selber hinterlässt im zweiten Training einen nicht ganz so starken Eindruck wie am Vortag, als der als eher gemächlicher Trainierer bekannte Emmentaler die viertbeste Zeit realisierte. «Die Verhältnisse haben sich zwischen dem ersten und zweiten Training ziemlich stark verändert, weil es deutlich wärmer geworden ist. Und ich habe mich diesmal nicht so wohl gefühlt, wie auf den gestrigen Verhältnissen. Zudem habe ich ein paar Dinge experimentiert.»
Abschliessend macht der Mann, der nach vier zweiten Plätzen seinen ersten Hahnenkamm-Sieg anstrebt, deutlich, dass ihn die 2,03 Sekunden Rückstand auf die Bestzeit von Vincent Kriechmayr keine grossen Sorgen bereiten: «Scheiss egal! Es war ja nur ein Training…»
Viel Optimismus versprüht auch der Schwyzer Urs Kryenbühel, der im Dezember bei den Abfahrten in Bormio und Val-d’Isère Dritter wurde. «Ich nenne keine Namen. Aber ich bin mir sicher, dass Morgen in Kitzbühel zwei Schweizer auf dem Podest stehen werden.»
Clarey crasht beim Zielsprung
Für einen Schocker sorgt Johan Clarey, der nach einem weiten Satz beim Zielsprung stürzt. Gemäss ersten Untersuchungen dürfte der 40-jährige Franzose zwar mit ein paar blauen Flecken davon gekommen sein.
Weil aber auch Dominik Paris an dieser Stelle sehr weit gesprungen ist, darf man davon ausgehen, dass der Zielsprung über Nacht noch etwas abgetragen wird. «Ich denke, dass man diese Stelle relativ leicht korrigieren kann», glaubt Beat Feuz.