In St. Moritz ging einst der Stern von Lara Gut-Behrami auf. Mit 16 Jahren raste sie in ihrer allerersten Weltcup-Abfahrt aufs Podest – Rang 3. Seither ist viel passiert. Sehr viel. Aus dem Teenager von 2008, die strahlend ins Publikum winkte, ist eine introvertierte, nachdenkliche Frau geworden – zumindest gegen Aussen. Ihre Gefühle gibt sie kaum preis, auch jetzt nicht. «Klar, das war wunderschön. Aber ich lebe im Hier und Jetzt. Es bringt nichts, zurückzuschauen», sagt sie nüchtern.
Dabei wirkt Gut-Behrami nicht verbittert. Nein, sie ist sogar zuvorkommend und redet viel und lang – in perfektem Deutsch, Französisch sowie Italienisch. Aber: Wie es in tief in ihr drinnen aussieht, sagt Gut-Behrami nicht. Dafür wurde seit jenen unbeschwerten Teenie-Tagen zu viel Geschirr zerschlagen. Wer Schuld daran trägt? Sie selbst, die Medien, der Verband – vielleicht alle ein bisschen.
«Habe die Freiheit wieder gefunden»
Gut-Behrami steht also draussen bei Schneefall und minus 2 Grad unter einem Party-Zelt – Corona bedingt es – und beantwortet vor den Super-Gs des Wochenendes die Fragen der Journalisten. Weil sie muss, nicht weil sie will. Happy ist sie nach ihrem starken Saisonstart dennoch.
Achte wurde sie beim Riesenslalom von Sölden, Dritte beim Parallel-Event in Lech-Zürs. Gut-Behrami erklärt: «Ich habe die Freiheit auf den Ski wieder gefunden. Alles ist so, wie ich es gerne habe. Ich bin wieder in der Situation, in der ich alles unter Kontrolle habe. Das macht Spass.»
Tatsächlich scheint sich der Knopf bei der Gesamtweltcup-Siegerin von 2016 geöffnet zu haben. Seit ihren zwei Siegen in Crans-Montana im letzten Februar hat sie das Spielerische, das sie früher auszeichnete, wiedergefunden. Nach ihrem Kreuzbandriss 2017 brauchte sie drei Jahre dafür. Was war das Rezept? «Schaffen, schaffen, schaffen. Klar, es hat deutlich länger gebraucht, als ich es erhofft hatte. Aber es fällt halt nichts vom Himmel. Egal ob es gut oder schlecht läuft, man muss einfach probieren, probieren, probieren», sagt sie.
Romantisch klingt das nicht. Es ist vielmehr purer Pragmatismus. Schlecht muss das für die Rennen nicht sein. Im Gegenteil: In Kombination mit ihrem unbestrittenen Talent könnte es eine perfekte Mischung ergeben. Vielleicht schon am Wochenende in St. Moritz.