Nach dem ersten Slalom in diesem WM-Winter ist es nicht wie üblich Sieger Clément Noël, welcher am meisten Lob erhält. Stattdessen wird der drittplatzierte Loïc Meillard von den Experten ganz gross abgefeiert.
«Unglaublich, wirklich sensationell, was Loïc ein paar Wochen nach seiner Verletzung in Sölden gezeigt hat», frohlockt Bernhard Russi. Deutschlands Ski-Papst Felix Neureuther (40, 13 Weltcupsiege) reagiert ebenfalls begeistert, von der Leistung, die der Walliser in Finnland abgeliefert hat: «Das war echt stark von Loïc! Ich habe in meiner Karriere öfter unter Rückenbeschwerden gelitten und weiss deshalb ganz genau, wie schwierig es für einen Skirennfahrer ist, damit umzugehen.»
Neureuther ist darum ziemlich erstaunt, dass es Meillard nach diesem Rückschlag in derart kurzer Zeit geschafft hat, an die Spitze zurückzukehren. «Zumal der Hang in Levi nicht zu seinen Lieblingspisten gehört.»
Der Schlüssel zum Erfolg: kleine Erwartungen
Kurz bevor Meillard beim Einfahren in Sölden einen Riss in der Bandscheibenhülle erlitten hat, bemängelte Neureuther die mentale Verfassung vom Riesenslalom Vize-Weltmeister: «Loïc ist ein genialer Skifahrer. Aber um einen Marco Odermatt besiegen zu können, fehlt ihm die Killer-Mentalität.» Auch Bernhard Russi hat in den letzten Wintern mehrmals darauf hingewiesen, dass Meillard mit dem ganz grossen Druck nicht so gut umgehen kann, wie ein Odermatt. Ist der 27-Jährige in den letzten Monaten im Kopf so viel stärker geworden?
Russi und Neureuther sind sich einig: «Er hat in Levi unter schwierigsten Voraussetzungen diese fantastische Leistung erbracht, weil er in diesem Rennen von sich selber nicht viel erwartet hat. Anstatt sich selber unter einen gigantischen Druck zu setzen, hat er sich darauf konzentriert, sauber Ski zu fahren.»
Neureuthers Motto gilt jetzt auch für Meillard
Nach dem sensationellen Comeback in Levi wird Meillard am kommenden Sonntag beim Slalom in Gurgl darum zum Favoritenkreis gehören. Kann sich der Gesamtweltcup-Zweite vom letzten Winter die gewinnbringende Lockerheit dennoch bewahren? Neureuther: «Ich kann mir gut vorstellen, dass Levi zur ultimativen Initial-Zündung in der Karriere von Meillard wird. Nachdem er in Finnland den Sprung aufs Stockerl geschafft hat, obwohl er nach dem schmerzlichen Zwischenfall in Sölden lediglich vier Ski-Trainings absolviert hat, weiss er jetzt, dass auch im Leistungssport sehr oft weniger mehr ist.»
Das war übrigens auch immer Neureuthers Motto. «Wenn Loïc das beherzigt, bin ich überzeugt, dass er in Zukunft regelmässig Top-Ergebnisse einfahren wird», sagt der Deutsche.