Ist das wirklich Lara Gut-Behrami? Also jene Frau, die oft so kühl und unnahbar wirkt? Ja, es ist sie. Gut-Behrami rennt fröhlich zu ihrer Mutter Gabriella. Die beiden plaudern, strahlen, geniessen den Moment. Kein Wunder: Gut-Behrami ist Doppel-Weltmeisterin! Nach dem Super-G gewinnt sie auch den Riesenslalom.
«Es ist nicht so, dass ich sonst die Emotionen kontrolliere. Man kann auch innerlich geniessen. Aber heute ist es halt anders. Gold im Riesenslalom – es ist ein Traum.» Das findet auch ihr Mami. Mit Tränen in den Augen sagt sie: «Es ist fantastisch. Man hat Lara kritisiert, gesagt, dass sie es nicht mehr drauf habe, dass sie es nicht mehr könne. Aber sie hat viel gearbeitet und es geschafft. Ich bin so glücklich.»
Gut-Behrami schlägt die Grösste aller Zeiten
Rückblick. Gleich nach ihrer Zieldurchfahrt ballt Gut-Behrami die Fäuste. Kein Wunder, leuchtet doch Grün auf – Platz 1. «Ich wäre auch mit Bronze zufrieden gewesen», sagt sie später. Doch es wird nicht Bronze. Nein, es wird mehr. Viel mehr. Zwei stehen noch oben. Die erste ist Überraschungsfrau Nina O’Brien (USA). Sie patzt, Gut-Behrami hat mindestens Silber.
Dann folgt die vielleicht grösste Skirennfahrerin aller Zeiten: Mikaela Shiffrin. Der US-Star fährt ebenfalls bärenstark, es wird knapp. Im Ziel hat Shiffrin zwei Hundertstel Rückstand. Was für ein Krimi! Gut-Behrami umarmt ihre Konkurrentin. «Ich respektiere Mikaela sehr und hätte ihr den Erfolg ebenfalls gegönnt», sagt die Tessinerin später.
2 Mal Gold, dazu je 3 Mal Silber und Bronze
Mit ihrem Doppelgold – sie holte noch Bronze in der Abfahrt – schreibt Gut-Behrami Geschichte. Sie hat in ihrer Karriere insgesamt acht WM-Medaillen (2 Gold, 3 Silber, 3 Bronze) gesammelt und damit eine mehr als Ski-Legende Erika Hess.
Klar, der Nidwaldnerin war sechs Mal Weltmeisterin. Doch das wird Gut-Behrami egal sein – sie feiert den wohl grössten Sieg ihrer Karriere. «Sie hat das geschafft, was sie unbedingt wollte», sagt Vater Pauli. «WM-Gold im Super-G haben alle erwartet, im Riesenslalom aber nicht. Ich bin sehr stolz auf Lara.»
Gut-Behrami wird bald 30 – wie lange will sie noch?
Doch was ist Gut-Behramis Erfolgsgeheimnis? «Dass ich in den Jahren, wo es nicht lief, immer weiter gearbeitet habe», sagt sie wie so oft. Ihr Vater wird konkreter. Er nennt auch private Gründe. «Neben dem Haus in Udine haben Lara und ihr Ehemann Valon eine Wohnung in Genua. Sie liebt die Stimmung am Meer, ist ausgeglichen. Die Familie gibt ihr Kraft. Und sie hat die Freiheiten, die sie braucht.» Seine Tochter bestätigt: «Ich habe meinen Weg gefunden. Früher raubte mir das ganze Drumherum im Ski-Zirkus viel Energie. Das ist nicht mehr so, ich geniesse das Skifahren.»
Aber wie lange noch? Ende April wird Gut-Behrami 30 Jahre alt. «Mein Leben ist nicht leicht, ich bin oft monatelang weg. Aber solange ich eine gute Balance finde, geht es noch.» Und dann geht sie – nicht mehr als Schweizer WM-Hoffnung, sondern als Doppel-Weltmeisterin. Gut-Behrami hat es gepackt.