Auf einen Blick
- Lara Gut-Behrami gewinnt Super-G in Garmisch trotz Knieschmerzen
- Sieg kommt rechtzeitig vor ihrer letzten WM in Saalbach
- Gut-Behrami hat nun 46 Weltcupsiege und teilt Rang 5 mit Renate Götschl
Als Lara Gut-Behrami am Donnerstag zum ersten Training startet, weinte der Himmel über Garmisch. Es regnete, die Kandahar-Piste war weich, musste gar verkürzt werden. «Ich habe mich wie ein Fisch im Aquarium gefühlt», erzählte Österreichs Stephanie Venier (31). Aus Schweizer Sicht besorgniserregend: Gut-Behramis Knie. «Ich habe Schmerzen», sagte sie tags darauf. Die Feuchtigkeit machte ihr zu schaffen. «Und daran wird sich bis Sonntag auch nichts ändern.» Keine guten Aussichten.
Und heute? Da strahlt Gut-Behrami. Kein Wunder: An diesem Sonntag um 12:48 Uhr darf sie erstmals in diesem Winter das tun, was ihr bisher vergönnt war – sie winkt den Zuschauern vom obersten Treppchen aus zu. Nach fünf Podestplätzen der erste Sieg, eine Befreiung!
«Nein, es ist keine Befreiung. Denn nichts ist selbstverständlich», widerspricht sie kurz darauf. Happy ist sie nach ihrem Super-G-Sieg dennoch. «Es war eine sehr intensive Zeit, nicht immer war alles leicht. Umso schöner, dass es nun geklappt hat. Ich bin auch den Leuten dankbar, die mir geholfen haben.»
Die Leute? Damit meint sie natürlich ihre Eltern Pauli und Gabriella Gut, die im Zielraum gleich neben ihr stehen. «Es geht nicht nur um Siege, sondern auch, dass wir diese Erlebnisse teilen können. Das ist das Schönste», so die Tessinerin. Gut-Behramis Dank geht in Garmisch aber auch ganz besonders in Richtung des Verbands und der Physiotherapeutin Ladina Eichholzer und Kondi-Trainer Flavio di Giorgio.
Mit Letzterem arbeitet sie erst seit dem letzten Sommer zusammen – da muss zuerst ein Rädchen ins andere greifen. «Die letzten Tage waren kompliziert und anspruchsvoll. Aber sie haben alles gesucht und versucht – schliesslich hat es geklappt.»
«Wahrscheinlich ist Lara da sensibler»
Gut-Behramis Vater Pauli erklärt: «Es ist nicht so einfach, Laras Knie zu behandeln – sie sind eigentlich perfekt, wir haben alles analysiert. Aber besonders, wenn es feucht ist, spürt sie alles mehr. Wahrscheinlich ist Lara da sensibler als die meisten. Alle haben hervorragend mit ihr gearbeitet.»
Hervorragend ist ein gutes Stichwort. Dieses Adjektiv triff auch auf Gut-Behramis Fahrt zu. Sie fährt angriffig, wie auf Schienen, gibt keinen Meter preis. Und beim Seilbahnsprung, der gleich mit zwei Bodenwellen durchsetzt ist, zeigt sie allen den Meister. Einige fahren zu eng rein, andere haben zu wenig Richtung oder springen zu weit, mehrere verpassen das nächste Tor. Gut-Behrami trifft die Schlüsselstelle perfekt. «Lara ist sie brutal intelligent gefahren – und das, ohne das Tempo rauszunehmen. Solche Passagen fährt sie aus dem Bauch heraus – es ist fast nicht möglich, das zu trainieren», lobt der Schweizer Alpin-Direktor Hans Flatscher.
Dieser Sieg gibt Gut-Behrami einen Kick
Gut-Behramis erster Saisonsieg kommt genau zur rechten Zeit – in neun Tagen startet sie in Saalbach (Ö) zum ersten Abfahrtstraining. Es wird ihre letzte WM sein. Aber spielt es wirklich eine Rolle, dass sie im letzten Weltcuprennen vor dem Saison-Highlight nicht wieder Zweite oder Dritte, sondern Erste wurde?
Flatscher ist davon überzeugt: «Lara will gewinnen – so tickt sie. Sonst hätte sie nicht so viele Erfolge gefeiert. Jetzt weiss sie wieder, wie es geht. Das gibt ihr nochmals mehr Selbstvertrauen.» Gut-Behrami selbst gibt zu: «Gut fahren und gewinnen, das ist ein Unterschied.» Sie sei den ganzen Winter solid gefahren, aber es habe immer etwas gefehlt.
In Garmisch fehlt Gut-Behrami nichts. Vater Pauli: «Ihre ganze Saison war gut, sie ist in drei Disziplinen aufs Podest gefahren und konnte damit zufrieden sein. Nun weiss sie endgültig: Wenn alles läuft, wenn sie parat ist, dann kann sie die Schnellste sein. Dieser Sieg ist perfekt.»
«Eine Ehre!» Gut-Behrami holt Götschl ein
Gut-Behramis Bilanz in Garmisch ist atemberaubend. Seit 2016 hat sie hier fünf von sieben Super-G-Rennen gewonnen. Die steile und dunkle Strecke ist genau nach ihrem Geschmack. Der Schnee diesmal aber nicht. «Er war schmierig. Das sind nicht meine liebsten Verhältnisse. Auch meine Fahrt war nicht ohne Fehler, aber die Ski sind immer gelaufen. Ich konnte von oben bis unten alle meine Schwünge durchziehen.»
Nun hat die Tessinerin 46 Weltcupsiege auf dem Konto – in der Bestenliste schliesst sie zu Renate Götschl (49, Ö) auf. Beide liegen nun auf Rang 5 (siehe Box). «Diese Marke mit Renate zu teilen, ist mir eine Ehre. Sie hat mir in meinem ersten Jahr im Weltcup extrem geholfen. Sie war und ist immer noch ein grosses Vorbild», so Gut-Behrami
Anzahl Weltcupsiege Frauen – stand 26. Januar 2025
1. Mikaela Shiffrin (29, USA): 99 Weltcupsiege
2. Lindsey Vonn (40, USA): 82
3. Annemarie Moser-Pröll (71, Ö): 62
4. Vreni Schneider (60, Sz): 55
5. Renate Götschl (49, Ö) und Lara Gut-Behrami (33, Sz): 46
7. Anja Pärson (43, Sd): 42
Anzahl Weltcupsiege Frauen – stand 26. Januar 2025
1. Mikaela Shiffrin (29, USA): 99 Weltcupsiege
2. Lindsey Vonn (40, USA): 82
3. Annemarie Moser-Pröll (71, Ö): 62
4. Vreni Schneider (60, Sz): 55
5. Renate Götschl (49, Ö) und Lara Gut-Behrami (33, Sz): 46
7. Anja Pärson (43, Sd): 42
Ob sich die beiden in Saalbach treffen werden? Gut möglich. Zuerst einmal freut sich Gut-Behrami auf eine Woche Pause. «Die verdienen und brauchen wir alle», sagt sie und verabschiedet sich.