Es ist ein unrühmliches Kapitel in der Schweizer Ski-Geschichte. Rückblick: Im Frühling 2016 schnürt der taktisch gewiefte Schweizer Männer-Chef Tom Stauffer mit seinem amerikanischen Kollegen ein «Päckli».
Inhalt: Wenn die Schweizer Abfahrer im November vor den Nordamerika-Rennen im Trainings-Mekka der Amis in Copper Mountain (Colorado) fahren können, dürfen Steven Nyman, Travis Ganong und Co als einziges Team aus dem Ausland mit den Schweizern auf der WM-Abfahrt trainieren. Während die Amerikaner zu Saisonbeginn ihren Teil der Abmachung in Copper Mountain einhalten, wird Tom Stauffer von seiner Verbands-Führung im Januar 2017 zurückgepfiffen – das US-Team darf zwei Wochen vor der WM-Eröffnungsfeier nicht auf der Corviglia mittrainieren.
Patrick Riml, damals Alpin-Chef in den USA, schwor Rache: «Das war eine richtig miese Aktion! So lange ich beim US-Verband etwas zu sagen habe, werden die Schweizer nicht mehr bei uns in Copper Mountain trainieren können.»
Zermatt als Schweizer Trumpf
In der Zwischenzeit bekleidet der gebürtige Tiroler Riml eine Führungsposition beim Österreichischen Ski-Verband. Das ist aber nicht der Hauptgrund, warum unsere Abfahrer in Zukunft vor Nordamerika-Einsätzen auch wieder die einzigartige Infrastruktur in Copper Mountain nutzen dürften – Swiss Ski hat den Amerikanern in der Vorbereitung auf den kommenden Winter nämlich einen grossen Dienst erwiesen.
Ursprünglich wollten sich die US-Downhiller in Südamerika vorbereiten, doch wegen Corona haben die geeigneten Ski-Gebiete in Chile und Argentinien zugesperrt. Und abseits von Südamerika gibt es in den Sommermonaten nur eine Gletscher-Piste, die sich zum Abfahrts-Training eignet. Und die ist in Zermatt fest in den Händen der Schweizer.
«Beziehung ohne Probleme»
Walter Reusser, Alpin-Chef bei Swiss Ski, und Tom Stauffer haben sich aber dafür stark gemacht, dass Amerikas Abfahrer am Fuss des Matterhorns ein qualitativ hochstehendes Camp absolvieren konnten. «Die Trainer waren auf jedenfalls begeistert und haben sich bei uns in aller Form bedankt», sagt Reusser zu BLICK. Und Tom Stauffer legt nach: «Ich glaube, dass die Beziehung zwischen uns und den Amerikanern nun wieder ohne Probleme funktionieren wird».
Reusser legt aber grossen Wert auf die Feststellung, dass Swiss Ski den Amerikanern nicht nur aus Eigennutz aus der Patsche geholfen hat: «Natürlich hat diese Aktion auch darauf gezielt, dass wir in Zukunft in Copper Mountain wieder eine bessere Position einnehmen. Aber es geht uns in dieser speziellen Situation auch darum, dass neben uns auch die anderen Ski-Teams überleben können. Längerfristig würde es uns nämlich nichts bringen, wenn der Ski-Weltcup bald nur noch aus ein paar wenigen Nationen bestehen würde.»
Aus diesem Grund haben die Schweizer in den letzten Wochen auch die finanziell arg limitierten Equipen aus Frankreich, Deutschland, Kanada und Italien in Zermatt mittrainieren lassen.