Auf einmal verwandelt sich der Traum von Olympia in einen realen Albtraum. Genau das erlebte Yannick Chabloz am 10. Februar anlässlich der Kombi-Abfahrt in Peking: Der Innerschweizer mit Waadtländer Wurzeln fliegt in der Steilhangkurve in den Fangzaun, und weil er mit dem linken Arm im Netz hängen bleibt, geht die Saison für den Senkrechtstarter aus Beckenried in diesem Moment in schmerzhafter Manier zu Ende.
Der 22-Jährige, der im Dezember in Gröden bei seinem zweiten Weltcup-Start in die Top 15 donnerte, erleidet eine schwere Fraktur des Handgelenks. Gebrochen sind auch die Mittelhand, ein Finger sowie das Schulterblatt. An einem Zahn fehlt eine kleine Ecke. «Für mich war der schlimmste Moment, als ich im Rettungsschlitten realisiert habe, dass ich in diesem Zustand nicht wie geplant am nächsten Tag zurück in die Schweiz fliegen kann, sondern noch ein paar Tage in einem Spital in China bleiben muss», erinnert sich Chabloz. Fünf Tage lang ist er nach einem ersten operativen Eingriff im Krankenhaus in Yanqing stationiert. «Rein medizinisch hat es mir dort zwar an nichts gefehlt, aber bezüglich Komfort ist das nicht mit einem Spital in der Schweiz vergleichbar. Und wegen der Pandemie wurde ich dort komplett isoliert, das Personal war in Ganzkörper-Schutzanzüge verpackt.»
Das Grosi hilft beim Anziehen
Deshalb wähnte sich Chabloz wie im Urlaub, nachdem er mit der Rega in die Hirslanden-Klinik nach Zürich überführt worden war: «Dort hatte ich ein Zimmer mit Seesicht. Die Betreuung und das Essen waren überragend.» Letzten Samstag wurde Yannick aus dem Krankenhaus entlassen, derzeit weilt er bei seiner Grossmutter im Wallis. Und die muss immer wieder Hand anlegen. «Aufgrund meiner Verletzungen tue ich mich derzeit besonders schwer, wenn ich Socken anziehen muss oder Zahnpasta auf die Bürste drücken möchte. Mein Grosi hilft mir zum Glück dabei.»
Bis die Hand wieder voll belastbar ist, wird es gemäss den Ärzten drei Monate dauern. Zu den körperlichen Beschwerden gesellt sich in diesen Tagen bei Yannick Chabloz auch Seelenschmerz: «Wenn ich Bilder von den Abfahrts-Trainings in Kvitfjell sehe, kotzt es mich besonders an, dass ich nicht dort sein kann. Andererseits muss ich dankbar sein, dass ich bei meinem Sturz ohne Knieverletzung davongekommen bin. Somit werde ich das Schneetraining im August wiederaufnehmen können.»