Mehrere Minuten lang strecken Lara Gut-Behrami und ihr Vater Pauli Gut im Zielraum von Sölden die Köpfe zusammen. Nicht in der offiziellen Team-Zone, sondern daneben. Das hat seinen Grund: Gut ist nicht mehr von Swiss Ski auf Mandatsbasis angestellt, sondern wird von seiner Tochter bezahlt. Worüber sie sprechen? Das bleibt geheim. Die Tessinerin meint nach ihrem 8. Platz im Riesenslalom: «Es war ein solides Rennen und ich habe Vertrauen.»
«Lara weiss nicht, wie man Gold holt»
Gut-Behrami ist optimistisch. Aber wohin führt ihr Weg? Seit ihrem Kreuzbandriss an der WM in St. Moritz vor drei Jahren stellt man sich diese Frage vor jedem Winter. Und sie ist unweigerlich mit der Diskussion rund um ihr Privatteam verbunden.
Swiss Ski ist überzeugt, dass das Modell des Verbands inklusive integrierter Individualbetreuung besser ist. «Pauli war immer eine wichtige Bezugsperson für Lara. Aber Lara hat an Grossanlässen noch nie eine Goldmedaille gewonnen. Sie weiss – hart gesagt – also nicht, wie das geht. Und wir haben im Trainer-Staff viele Trainer, die Athleten zu Gold geführt haben», sagte der ehemalige Swiss-Ski-CEO Markus Wolf im Februar 2019 nach der WM in Are. Seine Worte hallten nach – und verletzten Gut-Behrami.
Gut-Behrami verteidigt ihr Privatteam
Die Tessinerin verteidigt ihr Privatteam – auch wenn es geschrumpft ist – bis heute. Das führte im Sommer (wieder einmal) zu hitzigen Diskussionen mit dem Verband, der aber hart blieb und Pauli Gut nicht einstellte. Darauf angesprochen, meint die Gesamtweltcupsiegerin von 2016 schmallippig: «Ich fahre seit 13 Saisons im Weltcup. Und in diesen Jahren hatte ich immer meine Familie zur Seite, sie hat mich immer unterstützt. Ich glaube, dass ein Teil meiner Erfolge darin begründet liegt, dass mein Vater bei mir war.»
Wie viel Kraft kostet der Clinch?
Die Situation ist, wie sie ist. Und es spricht wenig dafür, dass sich an ihr eines Tages etwas ändern wird. Der Verband und Gut-Behrami arrangieren sich halt – es ist fast so wie in einer Zweckehe. Doch wie sieht ein Aussenstehender das Ganze? Der Österreicher Jürgen Graller (49) ist seit drei Jahren Frauen-Cheftrainer in Deutschland und meint: «Ich schätze Lara als Person sehr. Und auf den Ski hat sie ein extremes Potenzial. Die Frage ist, wie viel Kraft der ständige Clinch mit dem Verband kostet. Lara muss einfach aufpassen, dass die Nebengeräusche nicht wichtiger werden als die Leistung auf den Ski.»
Graller hatte mit der kürzlich zurückgetretenen Viktoria Rebensburg (De) lange eine Top-Fahrerin, die ebenfalls individuell unterwegs war. Er versuchte, sie zu verstehen und ihr die besten Möglichkeiten zu bieten. Heute sagt Graller, der zuvor 18 Jahre beim ÖSV arbeitete, allerdings: «Ich finde, dass es als Sportler wichtig ist, zu einem Team zu gehören. Das machts einfach aus, dass man dazugehört. Es sind so viele Stunden, Tage und Wochen, wo man gemeinsam unterwegs ist – da sollte man schon auch Spass haben. Und so wie ich Swiss Ski sehe, bietet man den Fahrerinnen super Voraussetzungen, um Leistung zu zeigen.»