Auf einen Blick
- Kritik an einfacher Abfahrtsstrecke in Crans-Montana für Weltcup und WM
- Dominik Paris und Marco Odermatt äussern Bedenken zur Streckenqualität
- WM 2027 findet zum zweiten Mal nach 1987 in Crans-Montana statt
Dominik Paris (35) stellt im Abschlusstraining zur Weltcup-Abfahrt in Crans-Montana zwar die Bestzeit auf, dennoch schüttelt Italiens Speed-König sein kantiges Haupt. Was schmeckt dem dreifachen Sieger der berüchtigten Hahnenkamm-Abfahrt in Kitzbühel im Wallis nicht?
«Wir fahren hier auf einer Piste, die sich wunderbar als Strecke im Europacup eignet. Aber die Strecke ist nicht Weltcup-würdig und taugt erst recht nicht für eine WM-Abfahrt, dazu ist sie viel zu einfach.»
Die gravierenden Vorbehalte, die Paris gegenüber der «Piste Nationale» anmeldet, werden aber nichts daran ändern, dass hier im Februar 2027 zum zweiten Mal nach 1987 die Weltmeisterschaft ausgetragen wird.
Nicht der einzige Unzufriedene
Auch beim genialen Techniker Marco Odermatt (27) will nach den zwei Trainingsfahrten nicht so recht Vorfreude für die Wettkämpfe auf dieser Strecke aufkommen: «Das ist die einfachste Abfahrt, die ich bis jetzt gefahren bin. Okay, im Vergleich zum Donnerstag waren wir zwar im Abschlusstraining ein paar Sekunden schneller, weil drei, vier Tore schneller gesetzt wurden. Aber der Charakter der Piste bleibt natürlich unverändert, man wird hier nicht einen Steilhang einbauen können.»
Österreichs WM-Sensation Raphael Haaser (27, Gold im Riesen, Silber im Super-G) wird zynisch, wenn er auf diese Abfahrt angesprochen wird. «Ich habe in den beiden Trainings nach einer steilen Passage auf dieser Piste gesucht, leider habe ich sie bis jetzt nicht gefunden.» Der ehemalige Weltcup-Abfahrer und heutige Stöckli-Ski-Rennchef Marc Gisin behauptet sogar, «dass die Abfahrtspiste der Frauen in Crans-Montana die grösseren Schwierigkeiten aufweist als die Abfahrt der Männer!»
Trotzdem herausfordernd?
Es gibt einen Rennfahrer, der nicht nachvollziehen kann, dass sich derart viele Kollegen kritisch über diese Strecke äussern. Die Rede ist vom Bündner Stefan Rogentin (30), der bei der WM in Saalbach gemeinsam mit Marc Rochat in sensationeller Manier die Bronzemedaille in der Team-Kombination gewonnen hat. «Ich finde es wichtig, dass wir im Abfahrts-Zirkus möglichst viele Pisten mit unterschiedlichen Charakteren haben. Klar, es gibt hier keine Überwindungspassage wie auf der Streif in Kitzbühel. Dafür beinhaltet dieser Kurs einige blinde Tore und ein paar tückische Wellen.» Swiss-Ski-Abfahrtstrainer Reto Nydegger verweist auf die Durchschnittsgeschwindigkeit, «die in Crans-Montana im zweiten Training mit 110 km/h höher war, als bei der WM-Abfahrt in Saalbach-Hinterglemm (Ö), wo im Schnitt 103 km/h gemessen wurden».
Aber was sagt eigentlich der neue Abfahrtsweltmeister Franjo von Allmen (23) zu dem Berg, auf dem er in knapp zwei Jahren zur Titelverteidigung antreten wird? «Es ist unbestritten eine einfache Strecke, aber es wird nicht einfach sein, hier schnell zu sein.»
Bezüglich der Kurssetzung hat FIS-Speed-Rennleiter Hannes Trinkl aber vor allem im ersten Streckenabschnitt die Möglichkeit, die ganze Angelegenheit schneller zu gestalten. «Dominik Paris hat mir vor dem Trainingsstart erzählt, dass er ein Video von Peter Müllers Siegesfahrt anlässlich der WM 1987 gesehen hat. Dabei ist ihm aufgefallen, dass damals bis zum ersten Sprung lediglich zwei Richtungsänderungen gegeben hat. Aktuell stehen vom Start bis zum ersten Sprung neun Tore», erzählt Odermatt. Für Justin Murisier steht fest, «dass Hannes Trinkl in diesem Abschnitt ein paar Tore weglassen kann.»
Im Hinblick auf die Weltcup-Abfahrt vom Samstag wird sich aber nichts mehr ändern. Und ORF-Kamerafahrer Joachim Puchner ist sich sicher, «dass Franjo von Allmen auf diesem Kurs unschlagbar sein wird». Tatsächlich war der Überflieger aus dem Berner Oberland im Abschlusstraining bis kurz vor dem Ziel praktisch gleich schnell wie Paris, ehe der 23-Jährige bereits vor dem Zielstrich einen Bremsschwung eingelegt hat.