Der Ski-Weltcup in Bormio wird vom schweren Sturz des Franzosen Cyprien Sarrazin (30) überschattet. Diagnose: Subdurales Hämatom, eine Hirnblutung, die neurologisch intensiv und vor allem schnell behandelt werden muss. Laut dem französischen Verband ist Sarrazin nach einer Notoperation aus dem künstlichen Koma aufgewacht und wieder bei Bewusstsein.
Im Skisport kommt es immer wieder zu Horrorstürzen mit gravierenden Folgen. 2009 erlitt der ehemaligen Schweizer Skiprofi Daniel Albrecht (41) nach einem heftigen Aufprall während der Trainingsfahrt in Kitzbühel eine Gehirnblutung und eine Lungenquetschung. 2011 stürzte der Österreicher Hans Grugger (43) ebenfalls am Hahnenkamm und landete mit schweren Kopfverletzungen auf der Intensivstation.
Wegen eines Schädel-Hirn-Traumas mit einer Blutung zwischen Gehirn und Schädelknochen musste auch er damals notoperiert werden. Sowohl Albrecht als auch Grugger kämpften sich nach mehreren Tagen im Koma und intensiven Behandlungen durch eine lange Reha zurück ins Leben.
Heilung dank schneller Hilfe realistisch
Dass es gerade im Skisport wiederholt zu solchen Unfällen kommt, ist laut Erich Riederer, Spezialist für Neurologie, wenig überraschend: «Beim Skisport werden extrem hohe Geschwindigkeiten gefahren. Bei einem Sturz ist der Kopf besonders gefährdet. Der Aufprall ist derart heftig, dass ein Helm die entstandene Kraft nicht mehr auffangen kann.»
Im Fall von Cyprien Sarrazin zeigt sich Riederer optimistisch: «Er konnte sofort notoperiert werden, das erhöht seine Chance auf Heilung». Die Devise in der Neurologie lautet «Time is brain», zu Deutsch «Zeit ist Gehirn».
Die akute Not bei Hirnblutungen kennt auch Andreas Raabe, Neurochirurg am Inselspital Bern. Die Blutung müsse sofort durch eine Computertomografie oder ein MRT lokalisiert werden. «In vielen Fällen ist ein chirurgischer Eingriff nötig, um das Hämatom zu entfernen und den Druck auf das Gehirn zu reduzieren», erklärt Raabe. Das geschieht bei Sarrazin noch am gleichen Tag: Ärzte bohren ihm in einer Not-Operation ein Loch in den Schädel, um das Hämatom auszuräumen.
Hirnblutungen können verhindert werden
Bei einer Hirnblutung tritt Blut unkontrolliert ins Hirngewebe. Zwar sind der grösste Teil der Hirnblutungen die Folge eines Unfalls, rund ein Drittel der Fälle sind jedoch auf Durchblutungsstörungen, wie bei einem Hirnschlag oder dem Platzen einer Hirnarterie zurückzuführen.
Letzteres kann laut Raabe durch einen bewussten Lebensstil verhindert werden. Dazu gehören die Kontrolle des Blutdrucks, der Verzicht auf Rauchen und den übermässigen Alkoholkonsum sowie die sorgfältige Einnahme von Medikamenten. «Die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Gefässrisiken helfen, das Risiko einer spontanen Hirnblutung zu minimieren», ergänzt der Chirurg.
Rund ein Viertel der Fälle endet tödlich
Schwere Hirnblutungen führen oft zu bleibenden neurologischen Defiziten wie Lähmungen, Sprachstörungen oder kognitiven Beeinträchtigungen. «Leider verlaufen etwa 25 Prozent der Fälle tödlich, die Gründe sind unterschiedlich, oft ist es der Umstand, dass die Soforthilfe zu spät erfolgte», erklärt Riederer.
Der Neurologe nennt aber auch die positiven Fälle: «Rund 20-30 Prozent der Hirnblutungen können vollständig und ohne bleibende Schäden geheilt werden.»