Dani Albrecht ist zurück auf der Streif
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10 Jahre nach Horror-Sturz:Dani Albrecht ist zurück auf der Streif

Albrechts Rückkehr auf die Streif
«Ohne diese Kante wäre ich Millionär»

Vor zehn Jahren hat Dani Albrecht bei einem Trainingssturz lebensgefährliche Verletzungen erlitten. Gestern ist er für eine Versöhnungsfahrt auf die Streif zurückgekehrt.
Publiziert: 24.01.2019 um 10:39 Uhr
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Aktualisiert: 23.01.2024 um 09:58 Uhr
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Daniel Albrecht trifft an der Talstation der Hahnenkammbahn die kanadische Skilegende Ken Read.
Foto: Sven Thomann
Marcel W. Perren (Text) und Sven Thomann (Fotos)

Der Kanadier Ken Read war einer der furchtlosesten Abfahrer seiner Zeit. Den grössten Sieg fuhr er 1980 auf der Kitzbüheler Streif ein. Ein Draufgänger und Frauenschwarm, dessen Autogramme heiss begehrt waren – gerade auch am Fusse der Streif. Jetzt steht er als 62-Jähriger wieder dort, dieses Mal in umgekehrter Rolle – als Fan.

Grund dafür ist die Begegnung mit Dani Albrecht. Read entdeckt ihn bei der Talstation der Hahnenkamm-Bahn und ist hocherfreut. «Daniel, ich möchte ein Foto mit dir machen. Dein Sturz hier auf der Streif ist mir damals sehr nahe gegangen. Ich bin so glücklich, dich jetzt so gesund wiederzusehen.»

Albrecht lacht, begrüsst den ergrauten «Canuck» und sagt: «Weisst du, dieser Ort hat mein Leben verändert, und trotzdem verbinde ich viele positive Gefühle mit dieser Region. Und heute will ich endlich auch mit der Streif Frieden schliessen.»

Zehn Jahre ist es inzwischen her, seit diese gnadenlose Piste ihn abgeworfen hat. Im Training beim Zielsprung, ein fürchterlicher Sturz. Jetzt erst fühlt sich Dani Albrecht bereit, diese Piste noch einmal in Angriff zu nehmen. Ein Test, bei dem er nicht genau weiss, was auf ihn zukommt, welche Gefühle in ihm hochkommen.

Erinnerungen an Eminem

Als Albrecht im Starthaus steht, erinnert er sich plötzlich, welche Musik er vor seinem verhängnisvollen Streifzug am 22. Januar 2009 gehört hat. Erstaunlich, denn eigentlich hat er überhaupt keine Erinnerungen an diesen Tag. «Ich habe Rap von Eminem und 50 Cent gehört. Das war meine Startvorbereitung in diesem Winter.»

Albrecht schiebt sich mit einem Stockstoss auf die schwierigste Abfahrt der Welt, die vom ersten Meter an volle Konzentration erfordert. Vor der berüchtigten Mausefalle schwingt er ab und schwärmt: «Wow, es ist richtig geil hier. Wenn ich nicht so schwer gestürzt wäre, hätte Didier Cuche hier nicht so einfach fünf Mal gewonnen.» Albrechts gutes Gefühl weicht etwas später im Steilhang einem mulmigen. Geil ist es hier nicht mehr, nur noch steil. «Ich fühle mich nicht wohl in diesem Abschnitt», sagt er. «Es ist mir viel zu eisig.» Schon in seiner Aktivzeit fühlte sich Albrecht wohler, wenn der Schnee auf der Piste griffig war.

Auf Feuz zugeschnitten

Eisig ist die Streif auch an der berühmten Hausbergkante. Albrecht legt eine Pause ein und wagt eine Prognose für das Rennen vom Samstag. «Mindestens jede zweite Kurve auf diesem Kurs ist wie gemacht für Beat Feuz. Im Gegensatz zu mir kommt er auch mit Eis bestens zurecht.»

Dort, wo die Fahrer am Samstag links queren und Richtung Zielhang rasen, rutscht Albrecht jetzt gemächlich vom Hausberg hinunter, von wo man bereits das Ziel im Auge hat. Und den Zielsprung, der sein Leben vor zehn Jahren auf den Kopf stellte. «Ohne diese Kante wäre ich jetzt Millionär und würde jetzt wahrscheinlich immer noch im Weltcup an der Spitze mithalten können.»

Unzählige Male hat er diesen Sturz analysiert, bei dem er ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hat. «Ich habe die Kurve bei der Traversenausfahrt damals wohl zu gut erwischt und bin mit viel höherem Tempo als im Training am Tag zuvor auf den Zielsprung zugerast.» Er schaut hinunter ins Ziel. «Manchmal würde ich mich gern erinnern, welche Gedanken mir vor dem Aufprall durch den Kopf geschossen sind.»

Den Humor hat er nicht verloren – bei Albrecht ist er zuweilen etwas schwarz. Im Zielraum sagt er: «Vielleicht hilft mir der Sturz bei der Erziehung meiner dreijährigen Tochter. Sollte ich eines Tages feststellen, dass sie zu wild und zu schnell über die Skipisten rast, werde ich ihr das Video meines Abflugs zeigen.»
Albrecht muss selber lachen. Vielleicht über das, was er gerade gesagt hat, wohl aber auch darum, weil er erleichtert ist, dass er heil im Ziel ist und sich dieser Streif noch einmal mutig gestellt hat. Jetzt kann er endlich Frieden schliessen.

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