König Wenger spricht über Rückschlag
Nach dem verpassten Rigi-Kranz gewährt Kilian Wenger (34) Einblick in seine Gefühlswelt. «Zurzeit ist es schwierig», sagt er im Gespräch mit Blick. Erneut macht der Rücken Probleme. Am Seeländischen Schwingfest vor knapp einem Monat musste er deshalb passen. «Das war ein deftiger Dämpfer. Ich verspürte ziemlich schlimme Schmerzen.»
Dank vieler Therapiestunden lässt sein Körper aktuell wieder wettkampfmässiges Schwingen zu. «Ich wollte den Kranz gewinnen. Aber wenn ich mir meinen Gesundheitszustand anschaue, bin ich dankbar, dass ich überhaupt noch dabei bin», sagt Wenger nachdenklich. «Ich habe dieses Fest bewusst gewählt, um zu sehen, wo ich stehe.»
Nach der Startniederlage gegen den Innerschweizer Lukas Bissig gewinnt der Diemtigtaler seinen zweiten Kampf. Vor dem Mittag gibt es in der Berner Paarung mit Michael Ledermann keinen Sieger. Mit zwei Erfolgen über David Wüest und Lars Voggensperger schwingt Wenger im letzten Gang um den Kranz. Dort erhält er Christian Zemp zugeteilt. Ein unangenehmer Gegner, der an diesem Tag bereits gegen Matthias Aeschbacher stellte. Gleiches geschah im Kampf mit dem König.
«Am Anfang ist die Enttäuschung sehr gross.» Zu Hause helfen ihm seine Kinder, auf andere Gedanken zu kommen. Gleichzeitig schwirrt ein möglicher Rücktritt in seinem Kopf herum. «Aber wenn ich dann meine Siege im Sägemehl sehe, denke ich: Es geht doch. Und es macht immer noch Spass.» Sein nächster Einsatz? Ende Juli auf dem Brünig.
Neue Rigi-Regel – ein Erfolg
Langjährige Rigi-Besucher staunten am frühen Morgen nicht schlecht. Neben dem Speakerhaus, wo sie sonst ihre Stühle platzierten, stand eine Absperrung. Drei Holzpfosten sind mit einem Seil verbunden. Betreten verboten. «Wir wollen die Athleten schützen. Sie sollen sich in Ruhe auf ihren Kampf vorbereiten können», erklärte Stefan Muff, der technische Leiter der Innerschweizer, im Vorfeld gegenüber Blick.
Früher herrschte rund um den Brunnen reges Treiben. Hobbyfotografen waren auf der Jagd nach einem Schnappschuss. Zuschauer gaben den Schwingern ungefragt Tipps. Damit soll jetzt Schluss sein.
Ein eigens beauftragter Platzchef lässt nur Schwinger, Betreuer und akkreditierte Medienschaffende durch. «Am Morgen musste ich einige Leute wegschicken. Ansonsten funktioniert es gut. Der Zaun hilft sehr.» Zusätzlich gibt es Schilder, die signalisieren, wer Zutritt hat. Bei den Schwingern stösst die neue Regelung auf positives Feedback. Auch die Sanitäter sind zufrieden. Sie müssen sich nicht mehr durch die Menge kämpfen, sondern stehen alleine am Rand des Platzes.
Aufgepasst auf dieses Berner Talent
Hinter Staudenmann, Walther und Co. wachsen bei den Mutzen mehrere Talente heran. Eines davon ist Fabio Hiltbrunner. Der 18-Jährige scheint wie geschaffen fürs Schwingen: 189 Zentimeter gross und 110 Kilogramm schwer. Vor der Saison hatte ihn der Blick als Aufsteiger der Saison angekündigt. Auf der Rigi zeigte er, warum. Dabei war Hiltbrunner ursprünglich gar nicht für einen Einsatz auf der Königin der Berge vorgesehen.
Am Montagmorgen gegen 8 Uhr rief ihn Roland Gehrig, der technische Leiter der Berner, an. «Er fragte mich, was ich am Sonntag mache. Ich antwortete, dass ich mir wahrscheinlich den Rigi-Schwinget anschauen würde. Da meinte er, ich könne ja selbst mitschwingen.» Ohne zu zögern, sagte Hiltbrunner zu.
Sechs Tage später sicherte er sich auf der Rigi den ersten Bergkranz seiner Karriere. Von nun an stehen zwei Sternchen hinter seinem Namen. «Ich widme diesen Kranz meiner Physiotherapeutin», sagt er im Gespräch mit Blick. Bei ihr habe er am Donnerstag ein wegweisendes Training absolviert. «In letzter Zeit fühlte ich immer ein wenig träg. Nach dieser Einheit ging es mir plötzlich viel besser.»
Obwohl er in der Nacht auf Sonntag schlecht geschlafen hatte, war Hiltbrunner von Anfang an hellwach. Am Morgen feierte er zwei Siege. Einzig das Duell gegen den Eidgenossen Matthias Herger endete ohne Resultat. Für den Kranzgewinn musste er im letzten Gang den Eidgenossen Adrian Odermatt bezwingen. «Ich fühlte mich heute konditionell super, deshalb wartete ich erstmal ein wenig ab.» Als seine Chance kam, schlug er gnadenlos zu. Mit Michael Moser (19) sicherte sich ein zweites Berner Talent den Bergkranz.
Spezielles Lob für Schurtenberger
Auf den ersten Gang gegen Fabian Staudenmann angesprochen, zeigt sich Sven Schurtenberger (32) tief beeindruckt. «Ich war chancenlos! Das ist noch einmal etwas anderes als gegen einen Samuel Giger oder Joel Wicki. Fabian hat das bessere Gespür. Wenn ich eine falsche Bewegung mache, liege ich sofort auf dem Rücken.» So geschehen nach 15 Sekunden.
Dass es trotz der Startniederlage zum Kranz reichte, verdankt Schurtenberger seiner immer besser werdenden Form. «Nach einem Zwischentief bin ich wieder an der Spitze angelangt.» In den letzten zwei Gängen bodigt er mit Patrick Schenk und Patrick Gobeli zwei Berner Eidgenossen. «Der Kranzgewinn ist ein riesiges Highlight in dieser Saison.»
Ein besonderes Lob erhält der Buttisholzer von Stefan Muff, dem technischen Leiter der Innerschweizer. «Er ist einer der wenigen Innerschweizer Spitzenschwinger, die hier angetreten sind. Obwohl er wusste, dass er mehrheitlich auf sich alleine gestellt ist. Chapeau!»
König ohne Rigi-Sieg
Vier der acht Könige in den 2000er-Jahren sind Berner. Haben Kilian Wenger (2010), Matthias Sempach (2013), Matthias Glarner (2016) und Christian Stucki (2019) die Schwing-Krone gemeinsam, unterscheidet sie ein anderer Sieg. Denn einer von ihnen hat es nicht geschafft, auf der Rigi zu triumphieren. Während Glarner (2009) und Stucki (2013) vor ihrem Königstitel gewannen, gelang dies Sempach (2016) nach seinem ESAF-Sieg.
Nur Wenger fehlt der Erfolg auf der Rigi im Palmarès. 2013 kam er ihm am nächsten, da reichte ihm ein gestellter Schlussgang gegen Stucki nicht. Daneben hat er auch einen Kranz von 2016 zu Hause. Immerhin, auch andere Könige aus den 2000er-Jahren sind ohne Rigi-Sieg. Weder Jörg Abderhalden noch Arnold Forrer konnten gewinnen, Joel Wicki triumphierte 2018 und 2022.
Lange Berner Abwesenheit
Erstmals seit acht Jahren nehmen die Berner wieder am Rigi-Schwinget teil. Das liegt nicht etwa daran, dass sie so lange nicht von den gastgebenden Innerschweizern eingeladen wurden, sondern ist mitunter der Tatsache geschuldet, dass in den vergangenen Jahren meist das Oberländische Schwingfest am gleichen Wochenende stattfand. Da wollte man schlichtweg nicht das eigene Gauverbandsfest schwächen und 20 Schwinger auf die Rigi schicken.
In diesem Jahr gibts diese Überschneidung nicht und sie nehmen teil – und das gleich mit 14 Eidgenossen. Und wie schon bei ihrer letzten Teilnahme (sie gewannen 9 der 14 Kränze) treten sie äusserst dominant auf. Zur Halbzeit liegen zwei punktgleich in Führung, von den ersten zwölf Schwingern in der Rangliste sind neun Berner.
Am Ende nehmen sie zehn von 14 Kränzen mit nach Hause. Für acht von ihnen ist es wegen der langen Abwesenheit der erste Rigi-Kranz. Einzig Bernhard Kämpf und Matthias Aeschbacher holen nach 2013 und 2016 ihr drittes Eichenlaub bei diesem Bergfest.