Goldrausch im Sägemehl
Schwinger kratzen an der 3-Millionen-Marke

Schwingen ist längst kein Randsport mehr – sondern ein Millionengeschäft. Mit Werbeeinnahmen allein haben die aktiven Schwinger im vergangenen Jahr fast drei Millionen Franken verdient. Den Eidgenössischen Schwingerverband freuts.
Publiziert: 27.05.2023 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 27.05.2023 um 07:46 Uhr
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Christian Stucki macht Werbung für Versicherungen, Waschmaschinen und Internetanbieter. Mit diesen Deals gehört er vermutlich zu den Top-Verdienern unter den aktiven Schwingern.
Foto: Thomas Meier
Nina Köpfer

Es ist eine komplizierte Beziehung, die der Schwingsport und seine Sponsoren führen. Firmenlogos auf Zwilchhosen oder der Titelseite des Festführers werden vom Eidgenössischen Schwingerverband (ESV) verteufelt und bestraft. Gleichzeitig erzielen die einzelnen Schwinger mit Werbeverträgen neue Rekordsummen. Über 2,9 Millionen Franken haben die Bösen im vergangenen Jahr verdient. Viermal so viel wie 2011, als der ESV die Zahlen zum ersten Mal erhoben hat.

Diese Summe überrascht sogar Rolf Gasser ein wenig – er ist Geschäftsstellenleiter des ESV. Den Löwenanteil der fast drei Millionen Franken teilen sich fünf bis zehn Spitzenschwinger untereinander auf. Das seien die ganz Grossen des Sports, Königsanwärter, die Könige selber. Namen und konkrete Zahlen nennt Werbeverantwortlicher Gasser nicht. Es seien ordentliche Summen. Allerdings nicht genug, um nach dem Rücktritt «wie ein Cristiano Ronaldo» davon leben zu können.

Die steigende Popularität der Schwinger bemerkt auch Manager Michael Schiendorfer, der unter anderem König Joel Wicki (26) betreut. Für ihn gehört Schwingen mittlerweile zur Top-Fünf der Sportarten in der Schweiz. Wie erklärt er sich den Aufstieg? «Diese bodenständige Kultur kommt in unserer hektischen Welt vermutlich gerade recht. An einem Schwingfest ist es immer friedlich. Für jeden gibts ein Stück Heimat. Will eine Firma mit Swissness werben, gibt es kaum einen besseren Werbeträger als einen Schwinger.»

Nachhilfe bei der Schwinger-Steuererklärung

Von den hohen Werbeeinnahmen einzelner Schwinger profitiert auch der Verband. Denn jeder aktive Schwinger muss zehn Prozent seiner Werbeeinnahmen dem ESV abgeben. Ganz ähnlich wie bei der Steuererklärung liegt es an den Schwingern, sämtliche Werbeeinnahmen beim ESV anzumelden. Das funktioniert laut Gasser vom ESV bei den meisten recht gut. Nur die jüngere Generation braucht noch etwas Nachhilfe: «Manchmal stolpere ich in den sozialen Medien der Schwinger über neue Partnerschaften. Dann gibt es einen kurzen Anruf mit dem Hinweis, dass er den Vertrag doch bitte bei uns anmelden soll.» Böser Wille stecke da nie dahinter, ist sich Gasser sicher.

Die fast 300'000 Franken fliessen beim Schwingerverband zum Grossteil in die Nachwuchsförderung. Der ESV-Geschäftsstellenleiter ist darum gegenüber den immer grösser werdenden Werbeeinnahmen auch nicht per se abgeneigt. Denn alle Beteiligten profitieren von den Sponsoren. Der Verband kann die Funktionäre besser ausbilden, für den Nachwuchs gibts Trainingslager, die Zuschauer bekommen eine bessere Infrastruktur. Da sei es nur richtig, dass auch die Schwinger selbst vom aktuellen Hype profitieren. Hier hört der Goodwill des ESV gegenüber Sponsoren aber auf. Das Werbeverbot im Sägemehlring werde der Verband «wie den heiligen Gral der Schwinger» auch in den kommenden Jahren vehement verteidigen.

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