Enrico Matossi (66) gehört zu den erfolgreichsten Thurgauer Schwingern der Geschichte. In den 80er- und 90er-Jahren holte er 75 Kränze, drei davon an einem Eidgenössischen. Aufgewachsen als Landkind und Sohn eines SVP-Politikers wurde ihm das Schwingen richtiggehend eingetrichtert. Es brauchte zwei Anläufe, bis ihn das Fieber für den brachialen Sport 1974 packte. Von Anfang an klar war ihm hingegen, dass er Männer liebt. Als Schwinger jedoch schien es ihm unmöglich, diese Liebe auszuleben.
Matossi verdrängte seine wahren Gefühle jahrzehntelang. Er führte diverse Beziehungen mit Frauen und wurde gar Vater einer Tochter. Erst an seinem 50. Geburtstag trennte er sich von seiner Frau und lebte seine wahre Leidenschaft zum ersten Mal aus. Die Öffentlichkeit wusste damals von nichts.
Orlik ebnete ihm den Weg
Es brauchte den Mut eines anderen Schwingers. Als Curdin Orlik (30) im Frühling 2019 in einem Interview von seiner Homosexualität erzählte, ergriff Matossi die Chance, endlich zu seiner Sexualität stehen zu können. «Hätte ich gewusst, wie gut die Schwingerfamilie auf Curdins Outing reagierte, hätte ich mich wohl früher geoutet», erzählt der dreifache Eidgenosse.
Das Geheimnis für sich zu behalten, war für den Schwinger schwer. Ein befreundeter Psychologe war der einzige Mensch, dem er sich anvertrauen konnte. «Ich bin in meiner aktiven Zeit manchmal fast durchgedreht. Es war sehr bedrückend. In diesen Sitzungen haben wir oft besprochen, ob ich es sagen soll oder nicht.» Rückblickend hätte sich der mittlerweile sehr erfolgreiche Geschäftsmann viele Sorgen ersparen können.
Welchen Job Enrico Matossi gerne dem zurückgetretenen Schwingerkönig Christian Stucki (38) vermitteln möchte und mit welchem Auto er sicher nie mehr an ein Schwingfest anreisen wird, gibt es in der aktuellen Episode des Schwing-Podcasts zu hören.