Der grosse Schwing-Check
Moser-Sieg rührt Kollegen zu Tränen

Was läuft in der Schwinger-Szene? Blick liefert die heissesten Sägemehl-Geschichten. Zu reden gaben eine Instagram-Story, eine tolle Bruder-Aktion und eine besondere Rückkehr.
Publiziert: 05.08.2024 um 12:58 Uhr
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Aktualisiert: 05.08.2024 um 13:01 Uhr
Grosse Emotionen bei Fabian Stucki (l.): Er trägt seinen Freund Michael Moser auf seinen Schultern.
Foto: keystone-sda.ch

Kollegen weinen nach Moser-Sieg

Während Michael Moser (19) seinen ersten Interview-Marathon absolviert, steht Kollege Fabio Hiltbrunner (18) nur wenige Meter hinter ihm. Der Berner wischt sich die Tränen aus den Augen. Soeben hat sein Kollege das Emmentalische Schwingfest gewonnen. Es ist der erste Kranzfestsieg in Mosers Karriere. «Ich mag es Michu von ganzem Herzen gönnen. Er besucht jedes Training, ist immer gut gelaunt. Es ist einfach geil, wenn man mit ihm zu tun hat.» Von klein auf haben sich die beiden an den Schwingfesten duelliert. Daraus ist eine gute Freundschaft entstanden.

Ein enges Verhältnis pflegt Moser auch mit seinem Schwingerkollegen Fabian Stucki (19). Dieser rennt nach dem Schlussgang auf Moser zu, umarmt ihn und trägt ihn auf den Schultern. Auch er wischt sich Tränen aus den Augen. Was für emotionale Szenen in der Arena von Burgdorf BE. Rund 10'000 Zuschauer jubeln Moser zu. Im Festzelt geht die Party weiter. Feuchtfröhlich, wie es sich nach einem solchen Erfolg gehört.

Fabio Hiltbrunner (l.) posiert mit seinem Kollegen Michael Moser (r.).
Foto: Fabio Hiltbrunner

Aeschbacher übersteht Mega-Programm (fast) schadlos

Drei Schwingfeste in sieben Tagen. Matthias Aeschbacher (32) leistete in der letzten Woche Schwerstarbeit. Nach den achtzehn Gängen zieht der Berner ein positives Fazit: «Es geht mir gut. Ich bin zufrieden.» Ganz ohne Blessuren hat er die Tage allerdings nicht überstanden. «Am Donnerstag erhielt ich einen leichten Zwick in die Hüfte. Das habe ich am Samstag noch gespürt.»

Aeschbacher sicherte sich an allen drei Schwingfesten den Kranz. Am Emmentalischen gelang ihm etwas, was er zuletzt vermisste: «Ich habe heute sechsmal konzentriert geschwungen.» Auf dem Brünig (gegen König Joel Wicki) und am Oberaargauischen (gegen Lukas Döbeli) fehlte es im Kopf. Nun bleiben Aeschbacher einige Tage zur Erholung. Am kommenden Sonntag steht das Berner Kantonale an. 

Ein Gestellter zum Auftakt: Im ersten Gang fand Aeschbacher (r.) gegen Mario Schneider kein Siegesrezept.
Foto: keystone-sda.ch

Belohnung nach 440 schwierigen Tagen

Das Oberaargauische Schwingfest 2024 wird Severin Staub (21) nie vergessen. Der Normalkranzer aus Melchnau BE bezwang mit Patrick Schenk (30) seinen ersten Eidgenossen und klassierte sich sensationell auf Rang zwei. «Das war das Schwingfest meines Lebens», sagt er strahlend. Wie viel ihm dieses Resultat bedeutet, wird klar, wenn man seine Geschichte kennt. 

Vor knapp 440 Tagen verletzte sich Staub am Mittelländischen Schwingfest schwer. Seine Bandscheibe drückte auf einen Nervenkanal. Für einige Minuten spürte er ein unangenehmes Kribbeln in den Armen. «Ich wusste nicht, ob ich je wieder schwingen kann.» In den letzten drei Saisons bestritt der Berner nie mehr als zwei Kranzfeste. «In dieser Zeit flossen einige Tränen. Ich habe gezweifelt, ob ich es noch kann. Die Kollegen gewannen Kränze, machten Fortschritte, und ich sass zu Hause. Das war brutal». 

Manch einer hätte aufgegeben, nicht so Staub. Der gelernte Milchtechnologe kämpfte sich zurück – und wie! Erst im Duell um den Schlussgang musste er sich in Burgdorf BE Curdin Orlik (31) geschlagen geben. Seine ersten vier Gegner legte er allesamt auf den Rücken. Mit dem Sieg zum Abschluss über den Teilverbandskranzer Philipp Gehrig (30) krönte Staub den bisher grössten Tag seiner Schwinger-Karriere. 

Im Gabentempel schnappte sich der Melchnauer einen Reisegutschein im Wert von 1500 Franken. Wohin es geht, weiss er noch nicht. Seine Begleitung steht dafür fest: «Es ist meine Freundin. Sie hat mich in dieser schwierigen Zeit super unterstützt. Auch meine Familie und meine Freunde standen immer hinter mir. Das hat mir viel bedeutet.» 

Grosse Emotionen: Am Nationalfeiertag zeigt Severin Staub eine hervorragende Leistung.
Foto: keystone-sda.ch

Papi-Freuden

«Ich werde zum zweiten Mal Vater», verriet Nick Alpiger (27) Mitte Juli nach dem Gewinn des Rigi-Kranzes. Nun ist das Baby da. Lara hat am 31. Juli das Licht der Welt erblickt. «Aus dem Bauch und mitten ins Herz», schreibt der Aargauer auf Instagram. Dazu postet er ein schwarz-weisses Foto, das die Hände der jetzt vierköpfigen Familie zeigt. Die grosse Schwester Tina wurde im März 2023 geboren. Wie aus Alpigers Umfeld zu vernehmen ist, geht es der ganzen Familie gut. Vier Tage nach Laras Geburt steigt Alpiger erstmals als Zweifach-Papi in die Zwilchhosen – und triumphiert am Sonntag beim Niklaus-Thut Schwinget in Zofingen AG. 

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Eidgenosse Döbeli schlägt zurück

Völlig niedergeschlagen verliess Lukas Döbeli (24) vor zwei Wochen den Weissenstein. «Ich war am Boden zerstört.» Der Nordwestschweizer verpasste als Zwölfter die Kranzränge um mehr als einen Punkt. In den Tagen danach führte der Eidgenosse viele Gespräche. Sein Mentaltrainer und sein Bruder Andreas Döbeli halfen ihm über die Enttäuschung hinweg, erklärten ihm, dass nicht alles schlecht gewesen sei.

Zwölf Tage später durfte er sich als Gast am Oberaargauischen beweisen. «Mein Ziel war der Kranz.» Mit einem Sieg über Matthias Aeschbacher im fünften Gang qualifizierte sich Döbeli erstmals an einem Kranzfest für den Schlussgang. Dort zeigte ihm Fabian Staudenmann (24) seine Grenzen auf. «Ich hoffe, dass wir nicht das letzte Mal gegeneinander geschwungen haben. Dann kann ich mich bei ihm revanchieren.» Trotz der Niederlage ist Döbeli überglücklich. «Ich bin mehr als zufrieden. Dieser Tag gibt mir viel Selbstvertrauen.»

Im dritten Gang bezwang Lukas Döbeli (r.) den Berner David Aebersold.
Foto: keystone-sda.ch

Besondere Rückkehr

In Burgdorf fand 2013 das Eidgenössische Schwingfest statt, nun ist die Gemeinde innert elf Tagen gleich dreimal Gastgeber. Neben dem Oberaargauischen und dem Emmentalischen findet kommendes Wochenende auch das Berner Kantonale in derselben Arena statt. Es ist nicht das erste Mal, dass in Burgdorf mehrere Feste innert kürzester Zeit über die Bühne gehen. Mitte Mai 2005 fanden dort das Oberaargauische und das Emmentalische statt – innert drei Tagen. Einer hat speziell gute Erinnerungen daran: Florian Gnägi (35). Er gewann an jenen Festen die ersten beiden Kränze seiner Karriere. Zudem wurde er 2013 in Burgdorf Eidgenosse. Nun kommts zur besonderen Rückkehr. Und Burgdorf liegt Gnägi noch immer. Er holt sich am Emmentalischen Karriere-Kranz Nummer 113.

«Ich habe mich auf die Rückkehr gefreut», sagte er hinterher zu Blick. Von seinem ersten Kranzgewinn ist ihm eine Episode besonders in Erinnerung geblieben. Im Kampf um das Eichenlaub lag Gnägi schon fast auf dem Rücken. Da rief der Betreuer seines Gegners, dass dieser die Maximalnote für den Kranz brauche. Also liess er den punktgleichen Gnägi noch einmal los. «Wenig später konnte ich ihn am Boden bezwingen. Ich wollte einfach gewinnen und schaute nicht auf die Punktzahl.» Am Ende reichten Gnägis 56.25 Punkte für den Kranz. «Ein ganz spezieller Moment.»

Florian Gnägi (r., hier nach dem Sieg im 2. Gang gegen Patrick Walther) verbindet besondere Erinnerungen mit Burgdorf.
Foto: keystone-sda.ch

Der Djokovic des Schwingens

31 Kränze wurden am Oberaargauischen vergeben, sieben davon an einen Emmentaler Schwinger. Grund genug für Patrick Schenk (30), auf Instagram ein Gruppenfoto mit seinen Kranzer-Kollegen zu posten. Er verlinkt Michael Moser (19), Matthias Aeschbacher (32), David Maurer (25), Fritz Ramseier (30), Adrian Aebersold (20) und Martin Sommer (23). So weit, so gut. Nur wer ganz genau hinschaut, sieht, dass da etwas nicht stimmt.

Ganz links auf dem Foto ist nicht Moser, sondern Reto Thöni (23). Der Berner Oberländer hat den Kranz ebenfalls geholt und sich nicht etwa ganz frech dazu geschlichen. Er ist eingesprungen. «Michael Moser war schon weg, danke Reto Thöni fürs doubeln», vermerkt Schenk unten auf dem Foto. Aber nicht nur das fällt auf, sondern auch die eine Verlinkung, die zu keinem Schwinger passt. Tennis-Star Novak Djokovic (37) wurde ebenfalls markiert. Und das direkt unter dem Neukranzer David Maurer. «Früher sah er Djokovic sehr ähnlich», erklärt Schenk gegenüber Blick. Deshalb trage er den Übernamen «Djoker». 

Schenk selbst sicherte sich zwei Tage später am Emmentalischen Schwingfest seinen vierten Saisonkranz. «Ich bin zufrieden, wie es läuft.» Der Eidgenosse hatte in der Vergangenheit immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen. Seit 2020 konnte Schenk keine Saison mehr durchschwingen. «Den Trainingsrückstand habe ich noch nicht ganz aufgeholt», sagt der Holzbauingenieur. «Das Ziel ist immer der Kranz, aber vor allem möchte ich den Schwingplatz nicht an Krücken verlassen.» 

Foto: Instagram/schenk_patrick

Tolle Bruder-Aktion

Nach seinem Startsieg am Emmentalischen Schwingfest rief Philipp Roth (29) seinen jüngeren Bruder an. Nicht um ihm mitzuteilen, dass er soeben Fabio Hiltbrunner besiegt hatte, sondern mit einer Bitte: «Ich habe ihn gefragt, ob er mir mein zweites Schwinghemd von zu Hause mitbringen kann.» Das Hemd war ihm während des Kampfes unter der Achsel gerissen. Normalerweise habe er immer Ersatz dabei. Nicht so an diesem Samstag.

So lieferte sein Bruder Robin ein neues Hemd und rettete so seinen Tag. «Dafür bin ich ihm sehr dankbar», sagt er gegenüber Blick. Mit einem ganzen Hemd sicherte sich der Eidgenosse drei weitere Siege und damit den Kranz.

Der Berner kommt immer besser in Form. Sein Saisonstart war eher bescheiden – dafür war mitunter auch sein Job verantwortlich. Der Projektleiter im Bereich Maschinenbau war zu Saisonbeginn für zwei Wochen in Norwegen. Dort hat er eine neue Maschine in Betrieb genommen und die Arbeiter geschult. Jetzt ist sein Kopf frei fürs Schwingen. In der Woche vor dem Berner Kantonalen geniesst er Ferien zu Hause. «Ich muss die Küche putzen und die Terrasse vom Unkraut befreien», meint er lachend.

Philipp Roth konnte einen Hemd-Notfall dank seines Bruders lösen.
Foto: keystone-sda.ch
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