Der grosse Schwing-Check
Einteilungs-Ärger und Kampfrichter, die sich widersprechen

Was läuft in der Schwinger-Szene? Blick liefert die heissesten Sägemehl-Geschichten. Zu reden gaben ein Trainingsgerücht um einen Eidgenossen, der erfolgreichste Teilverband und eine Kranz-Premiere.
Publiziert: 19.08.2024 um 11:55 Uhr
|
Aktualisiert: 19.08.2024 um 22:33 Uhr

Einteilungs-Ärger in Pratteln BL

Am Basellandschaftlichen Schwingfest sieht es nach vier Gängen schlecht aus für die Einheimischen. Nur noch ein Schwinger kämpft in Pratteln BL um den Schlussgang. Er heisst Manuel Gerber (31). Der Kranzschwinger verliert im zweiten Gang gegen den Eidgenossen Nick Alpiger. Mit Martin Felder steht zudem ein Teilverbandskranzer auf seinem Notenblatt. Genauso wie ein Normalkranzer und ein Nichtkranzer. Alle kann der Mann vom Schwingklub Muttenz BL bezwingen. 

Trotzdem erhält Gerber im Kampf um den Schlussgang die denkbar schwerste Aufgabe. Will er um den Festsieg schwingen, muss er 150-Kilo-Koloss Patrick Räbmatter bezwingen. Wenig überraschend verliert er gegen den Eidgenossen. Auf dem Festplatz sorgt diese Paarung für grosse Diskussionen. Viele können nicht verstehen, warum die Einteilung dem eigenen Schwinger einen so schweren Brocken vor die Nase setzte, während andere Schwinger leichter durchkommen.

So zum Beispiel Tim Roth, der letztlich gegen Alpiger im Schlussgang stieht. Der erhält im fünften Gang einen Normalkranzer. Wie Gerber hat er mit Adrian Odermatt einen Eidgenossen auf dem Notenblatt. Normalerweise werden die einheimischen Schwinger durch die Einteilung bevorzugt oder zumindest nicht benachteiligt. In diesem Fall sei das Gegenteil passiert, wird hinter vorgehaltener Hand moniert. Am Ende dürfen die Baselbieter dennoch halbwegs zufrieden sein. Jonas Odermatt und Lars Voggensperger klassieren sich auf dem zweiten Rang. Adrian Odermatt wird Dritter. Gerber sichert sich den Kranz. Der Sieg geht an Alpiger. 

In diesem Moment zerstört Eidgenosse Patrick Räbmatter (oben) die Schlussgang-Träume von Manuel Gerber.
Foto: Marc Schumacher/freshfocus

Eidgenosse dementiert Trainings-Gerücht

Wer in der Nordwestschweiz über die Fähigkeiten von Lars Voggensperger (23) spricht, hebt eines immer besonders hervor: seine Trainingsleistungen. Funktionäre und Schwinger schwärmen vom Eidgenossen. Ausserhalb des Wettkampfes würde er seine Gegner reihenweise im Sägemehl vergraben. Nur am Schwingfest selbst klappt es noch nicht wie gewünscht. Als ihn Blick am Basellandschaftlichen auf die Erzählungen anspricht, muss Voggensperger lachen. «Das stimmt nicht», sagt er.

Seine Leistung am Samstag widerspricht dem Gerücht nicht ganz, auch wenn er im dritten Gang gegen Oliver Hermann Pech hat. Gleich dreimal ist er sehr nahe am Resultat. Weil er bereits im Anschwingen Lukas Döbeli stellt, fällt er früh aus der Schlussgang-Entscheidung. Der Landschaftsgärtner klassiert sich schliesslich auf Rang zwei. Eine gute Leistung, doch der Basler will mehr. «Der Festsieg im eigenen Kanton war ein grosses Saisonziel.»

Zweiter Sieg im vierten Kampf: Lars Voggensperger (oben) gewinnt gegen Samuel Schmid.
Foto: Marc Schumacher/freshfocus

Bange Minuten für Ott

Nach seinem letzten Kampf stapft Damian Ott (24) genervt vom Festplatz. Ohne nach links oder rechts zu schauen, verschwindet er in der Garderobe der Nordostschweizer – die auf der Schwägalp ein alter Stall ist. Soeben stellte er gegen den Berner Eidgenossen Patrick Gobeli. Ott droht zum sechsten Mal in Folge seinen ersten Schwägalp-Kranz zu verpassen. Mit einem Sieg hätte er das Eichenlaub auf sicher gehabt. 

Stattdessen zittert er nun in der Garderobe. «Rund 30 Minuten lang habe ich gebangt und gehofft.» Kurz nach dem Schlussgang herrscht Klarheit: Es hat gereicht – endlich. «Das ist eine riesige Erlösung», erzählt er mit einem Strahlen im Gesicht. «Ich wollte diesen Kranz unbedingt, habe mir deshalb auch viel Druck gemacht.» Bei der Kranzübergabe im Festzelt wird er von den Zuschauern gefeiert. «Ein tolles Gefühl.» 

Nach drei Kämpfen sah es schlecht aus für Ott. Der Toggenburger stellte gegen Bernhard Kämpf und verlor das Duell mit Curdin Orlik.
Foto: keystone-sda.ch

Berner Talent im Pech

Lars Zaugg (22) gehört zu den grössten Aufsteigern der Saison. Der Emmentaler Metzger hat bereits acht Kränze gewonnen. Am Schwarzsee und auf dem Brünig durfte er sich das Eichenlaub aufsetzen lassen. Das dritte Bergfest beendet er jedoch ohne Kranz. Auf der Schwägalp trifft er im ersten Gang auf Titelverteidiger Mario Schneider. In diesem Duell ist Zaugg deutlich aktiver, bringt seinen rund 150 Kilo schweren Gegner immer wieder in Bedrängnis und legt ihn auf den Rücken.

Das zumindest signalisiert der Platzkampfrichter. Die Berner Fans jubeln bereits, als die beiden Kampfrichter am Tisch Einspruch erheben. «Kein Resultat», sagen sie. Damit überstimmen die beiden den Platzkampfrichter. Die Bilder zeigen, dass Schneider weit unten war. Pech für Zaugg. Der immerhin mit der Note neun für den Gestellten belohnt wird. 

In der Folge erhält der ehemalige Unihockeyspieler weitere ganz böse Schwinger zugeteilt. Nach Schwägalp-Sieger Schneider greift der Teilverbandskranzer mit Samuel Giger und Werner Schlegel zusammen. Beide Kämpfe verliert Zaugg. Dass er ohne Kranz nach Hause fährt, ist für ihn eine Enttäuschung. Immerhin hat er an Erfahrung gewonnen. Im Festzelt lässt er den anstrengenden Tag ausklingen. Am Montagmorgen muss er für einmal nicht um 05.30 Uhr in der Metzgerei stehen. Zaugg hat frei.

Im Reglement des Eidgenössischen Schwingerverbandes steht: «Ein Gang ist entschieden, wenn ein Schwinger mit dem Rücken ganz oder bis Mitte beider Schulterblätter (vom Kopf oder Gesäss, von linker oder rechter Seite her) gleichzeitig den Boden berührt.» Ob das bei Schneider der Fall war?

Erfolgreichster Teilverband

Mit dem Schwägalp-Schwinget hat das letzte der 39 Kranzfeste in diesem Jahr stattgefunden. Nur zweimal haben sich zwei Schwinger den Sieg teilen müssen – beide Male war Fabian Staudenmann einer von ihnen. Beim Mittelländischen jubelte er mit seinem Berner Kumpel Adrian Walther und auf der Schwägalp wurde er gemeinsam mit seinem Nordostschweizer Konkurrenten Samuel Giger geschultert. So kommts, dass auf die fünf Teilverbände insgesamt 39 Siege verteilt wurden.

Die Berner heimsten deren zehn ein. Das haben sie vor allem einem Mann zu verdanken: Staudenmann. Gleich sechsmal liess er sich als Sieger schultern. Erfolgreichster Verband sind die Berner dennoch nicht. Denn in der Nordostschweiz gabs 13-mal Jubel – verteilt auf acht Schwinger. Und nicht etwa Unspunnen-Triumphator Giger (2 Festsiege) hat am meisten dazu beigesteuert, sondern Werner Schlegel. Dieser wurde bei vier Festen Erster. Die Innerschweizer haben es vor allem König Joel Wicki (3 Triumphe) zu verdanken, dass sie achtmal den Sieger stellen konnten. Je viermal schwangen die beiden anderen Teilverbände obenaus.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?