Das Leben hielt bislang hohe Hürden für die Paralympics-Schwimmerin Elena Semechin (28) bereit. Die Deutsche ist sehbehindert, im Oktober 2021 wurde bei ihr zudem ein Hirntumor diagnostiziert. Doch nichts davon hält sie ab, einen Erfolg nach dem anderen zu feiern.
Am Montag schwamm sie zu WM-Silber über 100 Meter Brust und um zwei Hundertstel am dritten WM-Titel vorbei. «Ich habe bewiesen, dass ich es noch drauf habe, ich bin noch konkurrenzfähig», sagte Semechin, die erst kürzlich den vierten Zyklus ihrer Chemotherapie überstanden hat. Gegen den Schluss habe ihr etwas die Energie gefehlt.
Blind durch Erberkrankung
Die Geschichte der 28-Jährigen ist so faszinierend wie emotional. Im Alter von sieben Jahren setzte bei ihr die sehr seltene Erberkrankung Morbus Stargardt ein, welche die Sehschärfe stark beschädigt. Ihre Eltern zogen 2005 mit der damals elfjährigen Elena von Kasachstan nach Bamberg (D).
Dort schloss sie 2015 ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin ab und zog dann nach Berlin, um intensiver an einer Schwimm-Karriere zu feilen. Zu jenem Zeitpunkt war Semechin allerdings bereits Welt- und Europameisterin. Es folgten ein weiterer WM-Titel (London 2019) und fünf EM-Titel. Das Highlight ihrer Karriere war jedoch die Goldmedaille an den Paralympics in Tokio letztes Jahr.
Trotz Chemo zu WM-Silber
Wenige Monate später dann der Schock: Bei der Athletin wurde ein Hirntumor in der linken Gehirnhälfte festgestellt. Anfang November wurde sie operiert. «Das ist für mich wirklich schrecklich so plötzlich aus dem Leben raus gerissen worden zu sein.» Nach zwei Chemotherapie-Zyklen schwamm sie bei den deutschen Meisterschaften aber bereits wieder aufs Podest.
Eine genauso eindrückliche Leistung zeigte Semechin nun auch auf Madeira (Portugal). Sie befindet sich aktuell zwischen der vierten und fünften Session ihrer Chemotherapie.
«Mir war es wichtig, dass der Krebs nicht über mein Leben bestimmt und das habe ich mir gestern bewiesen», schrieb Semechin am Dienstag auf Instagram. «Der Ehrgeiz in mir möchte natürlich immer gewinnen. In Anbetracht der ganzen Situation dieses Jahr habe ich aber für mich gewonnen.» (che/AFP)