Der Schweizer Reitsport trauert um einen Grossen. Der zweifache Olympia-Medaillengewinner Willi Melliger stirbt in der Nacht auf Dienstag im Alter von 64 Jahren. Der Solothurner lag nach einem Hirnschlag fünf Wochen im Koma.
«Willi hinterlässt eine unendlich grosse Lücke», sagt seine Ex-Frau Nadja Melliger der «Schweizer Illustrierten». «Er wird für immer in unseren Herzen sein.» Doch nicht nur Melligers Familie trauert, sondern auch die Schweizer Springreit-Familie. Die Bestürzung stellt das erfolgreiche Wochenende am CSI Basel in den Hintergrund. Insbesondere für den erfolgreichsten Reiter des Turniers, Werner Muff.
Der Seuzacher gewinnt in Basel eine der Hauptprüfungen und wird im Grossen Preis vom Sonntag starker Zweiter hinter Martin Fuchs. Auf
Daimler, einem bald zehnjährigen Wallach – der ihn immer an Willi Melliger erinnern wird!
Eigentlich soll Muff gestern an der Pressekonferenz über den bevorstehenden und letzten CSI Zürich reden, doch der 43-Jährige wird von den Emotionen übermannt. Die Nachricht vom Tod erreicht den Springreiter kurz vor dem Termin. Dann erzählt er: «Als ich Daimler Probe ritt, war Willi dabei. Ich hatte im Sattel ein gutes Gefühl», so Muff, «und Willis Augen sahen das Potenzial des Pferdes.»
Auch am CSI Zürich wird Muff Daimler satteln. An selber Stätte wurde Melliger vor einem Jahr – damals erst kurz genesen nach seinem Herzinfarkt – geehrt für sein Engagement für den Schweizer Springreit-Nachwuchs. Ebenso wurde im Hallenstadion 2003 sein Ausnahmepferd, der Schimmel Calvaro, aus dem Spitzensport verabschiedet.
Diesmal werden die Gedanken beim 13-fachen EM-Medaillengewinner und zweifachen Olympia-Zweiten sowie seinen Hinterbliebenen sein. «Wenn ich auf Daimler reite, werde ich sowieso immer an Willi denken müssen», sagt Muff.
Auch Markus Fuchs (62) verbindet nebst unvergesslichen Erinnerungen ein Pferd mit seinem jahrzehntelangen Weg-gefährten und Olympia-Teamkollegen: Tinka’s Boy (29). Melliger vermittelte damals den Kontakt zur Besitzerin des Hengstes. «Willi habe ich viel zu verdanken», sagt Fuchs, der Götti von Melligers Sohn Kevin ist und seinen Freund an Silvester noch im Spital besucht hat.
Fuchs nachdenklich: «Man soll dankbar sein, wenn man gesund älter werden kann.» Wie Springreiter Pius Schwizer (55) sind sich alle sicher, die Melliger gut gekannt haben – er hätte niemandem zur Last fallen oder handicapiert leben wollen.
Andy Kistler, Jahrgänger von Melliger und Equipenchef der Schweizer Springreiter, drückt aus, was alle fühlen: «Es ist ein trauriger Tag für den Reitsport, der Willi alles bedeutet hat. Wir werden ihn vermissen.»