«Was ist das?», fragt Corsin Zander stirnrunzelnd. «Muss ich jetzt selber nochmal nachlesen», meint Laurent Aeberli mit einem Schmunzeln. «Socca», ruft er dann, nach einem Blick auf sein Handy. «Das ist eine Spezialität aus Nizza, da wo wir heute hinfahren! Das ist einfach ein Kichererbsenfladen.» «Hast du das selber gemacht?», fragt der sagenumwobene Guido Gümmeler ungläubig. «Du bist ja der Geilste!», lacht er dann.
Endlich steht alles bereit für die 19. Tour-de-France-Etappe. Die drei Velo-Fanatiker Corsin Zander, Laurent Aeberli und die fiktive Gruppetto-Figur Guido Gümmeler vom Gruppetto Magazin haben sich im Hauptquartier vom Blick installiert. Bildschirme wurden organisiert, französisches Essen steht bereit, alle Laptops sind angeschlossen, um Akku-Notfälle zu vermeiden und die Wimpel, in den Farben der Tour-Trikots, hängen. «So jetzt müssen wir die erste Flasche Wein aufmachen!», sagt Zander mit einem Zwinkern.
Plötzlich schaut die ZSC-Legende vorbei
Klar, das Renngeschehen ist wichtig. Schafft es Jonas Vingegaard nochmals, die Lücke zum Leader zuzufahren? Oder macht Tadej Pogacar, der Mann in Gelb, einen weiteren Schritt in Richtung Gesamtsieg? Alles wird an diesem Freitag sorgfältig für den Online-Auftritt von Blick im Ticker niedergeschrieben. Aber die Prise Humor darf auch nicht fehlen.
Die Fahrer in Frankreich haben etwa die Hälfte der Strecke absolviert, da läuft in Zürich Mathias Seger (46) mit zwei Kasten Bier in den Händen durch die Tür. Die Zürcher Hockey-Legende hat die Schlittschuhe mittlerweile gegen das Velochäppli eingetauscht und hilft heute als Velokurier für die Brauerei Oerlikon aus. Ein Fahrrad-Aficionado mehr in der Ticker-Runde. So eine Bergetappe muss eben gefeiert werden.
Pogacar sorgt für die nötige Aufmerksamkeit
Als Nächstes werden ein Teigfladen mit Zwiebeln und Sardellen, eine Käseplatte und Baguette aufgetischt. Alles, was Frankreich zu bieten hat. Und als hätte er es vor dem Verlagsgebäude gerochen, kurvt der Schweizer Rad-Profi Fabian Lienhard auf dem Rennrad durch den Empfangsraum. Die Stimmung wird immer ausgelassener, während sich das Rennen dem Ende zuneigt.
Viel Prominenz, viel gute Stimmung. Doch dann lenkt der finale Angriff von Dominator Pogacar wieder die volle Aufmerksamkeit aufs Tour-Geschehen. Mit über 20 km/h schraubt sich der Slowene den Berg hoch, lässt einen Fahrer nach dem anderen hinter sich. «That's it. Damit hat er die Tour gewonnen», urteilt Guido Gümmeler wenig später. Tatsächlich scheint niemand diesen Mann in diesem Jahr stoppen zu können. Auch Vorjahressieger Vingegaard nicht, der im Ziel fix und fertig zu sein scheint.
Apropos fertig: Um kurz nach 17 Uhr endet das Gastspiel der Gruppetto-Crew auf Blick. Neben der spannenden sportlichen Affiche blieben auch die kulinarischen und kulturellen Hintergründe nicht auf der Strecke. So, wie es sich für eine Königsetappe der Tour de France eben gehört.
Pogacar setzt das nächste Ausrufezeichen
Tadej Pogacar unterstreicht seine Überlegenheit an der diesjährigen Tour de France mit seinem vierten Etappensieg in Isola 2000. Er geht mit fast fünf Minuten Reserve auf Jonas Vingegaard in die letzten beiden Teilstücke.
Der Angriff auf das Maillot Jaune von Tadej Pogacar blieb in der Königsetappe der Alpen aus. Weder Jonas Vingegaard noch Remco Evenepoel wagten die grosse Attacke auf den mehr, denn je unangreifbar scheinenden Slowenen, der am Sonntag seinen dritten Gesamtsieg an der Tour de France feiern wird. Nur ein Sturz kann den Erfolg von Pogacar noch verhindern.
Die Übermacht des Leaders zeigte sich auch auf der schwierigen Strecke von Embrun nach Isola 2000. Im Aufstieg Richtung Cime de la Bonette, mit 2798 Metern das Dach der diesjährigen Tour, hielt Pogacar die Konkurrenz in Schach. Und als es dann erneut bergauf Richtung Ziel im Wintersportort Isola 2000 ging und Vingegaard sich darauf beschränkte, den 2. Gesamtrang gegenüber Remco Evenepoel zu verteidigen, blies Pogacar selber zum Angriff. In den letzten knapp neun Kilometern distanzierte er Vingegaard und Evenepoel um 102 Sekunden.
Die ersten beiden Verfolger von Pogacar haben sich scheinbar damit abgefunden, am Sonntag links und rechts des Slowenen auf dem Podest zu stehen. Auf den Angriff von Pogacar konnte keiner der beiden reagieren, kurz vor dem Ziel versuchte Evenepoel noch etwas Zeit auf Vingegaard gutzumachen. Mehr als die Ehrenplätze hinter Pogacar, der sich anschickt, als erster Fahrer seit Marco Pantani 1998 im gleichen Jahr den Giro und die Tour de France zu gewinnen, liegt für das Duo in diesem Jahr nicht drin.
Eine Änderung gab es in Isola 2000, wo vor Pogacar der Schweizer Tony Rominger 1993 der letzte Etappensieger war, in der Bergpreis-Wertung. Der Ecuadorianer Richard Carapaz setzte sich vor Pogacar und Vingegaard an die Spitze. Am Samstag gibt es aber noch einige Punkte zu sammeln, die das Klassement noch entscheidend beeinflussen können.
In der vorletzten Etappe stehen einige Schwierigkeiten an, aber nicht ausreichend viele, um dem Dänen Vingegaard oder dem Belgier Evenepoel zu ermöglichen, den Rückstand auf Pogacar wettzumachen. Es gibt kaum Zweifel daran, dass der Slowene am Sonntag zum dritten Mal nach 2020 und 2021 die Tour de France gewinnen wird - für einmal nicht auf den Pariser Champs Élysées, sondern auf der ebenfalls prächtigen Promenade des Anglais in Nizza. (SDA)
Die Auflösung des Rätsels
Wir beenden die Berichterstattung. Aber natürlich nicht ohne das Rätsel um die Pflanze Artemisia Ginipi aufzulösen.
Laurent: Aus der Artemisia Ginipi macht man einen vorzüglichen Kräuter-Digestif: Génépi. Es ist eine Art starker Hierbas.
Guido Gümmeler: (nimmt einen Schluck) Oder leichten Hustensirup.
Wir haben heute etwas experimentiert. Lecker gegessen und viel getrunken.
Guido Gümmeler wollte ja eigentlich am letzten Berg die Paywall hochfahren und nur noch «Gruppetto»-Abonnenten mitlesen lassen.
Aber das entspricht nicht unserer Philosophie. Trotzdem freuen wir uns natürlich über alle, die uns unterstützen wollen:
Das «Gruppetto» ist nämlich mehr als bloss Klamauk. Wir berichten über den Radsport und vor allem die spannenden Geschichten rundherum.
Wer uns abonnieren möchte, kann das hier tun. Wer ersteinmal eine Ausgabe des hochwertigen Magazin lesen möchte, ist hier richtig.
Pogacar zeigt es allen
Er hat es einmal mehr allen gezeigt. Eine Machtdemonstration auf der zweitletzten Bergetappe dieser Tour de France. Tadej Pogacar siegt in Isola 2000 in einer äusserst beeindruckender Art und Weise.
Es wird Zeit, dass wir hier im «Gruppetto» die letzte Flasche zu öffnen.
Laurent: Zum Abschluss habe ich hier noch eine letzte Flasche Génépi.
Pogacar hat den Motor angelassen
Jetzt ist es passiert. Tadej Pogacar hat Matteo Jorgenson eingholt ... und überholt. Nun fährt er alleine dem Ziel entgegen.
Attacke Remco Evenepoel!
Jetzt greift der Mann im weissen Leibchen an. Er verfolgt Tadej Pogacar. Jonas Vingegaard kann sein Rad halten. Sie haben wohl keine Chance, Pogacar wieder einzuholen, aber sie können wertvolle Sekunden gutmachen. Und: Evenepoel will natürlich Vingegaard im Gesamtklassement überholen. Ihm fehlen zwei Minuten. Aber noch hält der Däne durch.
Pogacar fliegt dem Berg hoch
Pogacar kommt immer näher.
Corsin: Ich hab zu Pogacar noch eine Geschichte.
Guido Gümmeler: (schnaubt genervt und zieht sich den Kopfhörer über)
Corsin: Also... Tadej Pogacar weiss immer genau, welche Zeit gerade ist. Er trägt seit Kurzem eine Uhr einer Schweizer Uhrenmarke. Sie soll rund 330'000 Franken kosten. Absurd. Zumal sie ihn sicher nicht schneller macht.
Noch 3,5 Kilometer
Pogacar will diesen Sieg heute unbedingt. Er hat bloss noch 40 Sekunden Rückstand auf die Spitze. Im Gesamtklassement hat er einen grossen Vorsprung. Aber er will den Tagessieg. Seine Fahrweise erinnert an den grossen Eddy Merckx, der immer auf Sieg gefahren ist. Zumindest fast immer. Als er die Tour de Suisse gewonnen hatte, und sich der «Blick» damals sich finanziell daran beteiligte, dass der Belgier in die Schweiz kommt, war es anders.
Die ganze Geschichte dazu gibt es hier.
Immer diese Attacken
Viele Hobby-Gümmeler kennen das. Man will auf eine gemütliche Ausfahrt und dann bringt jemand noch ambitionierte Freunde mit.
Kunst
Guido Gümmeler: Ruhe jetzt! Ich will die Schlussphase wirklich schauen.
Guido zieht den Kopfhörer an.
Corsin: Jetzt noch etwas Kunst.
Guido Gümmeler: Kunst? Jetzt!?
Corsin: Mieke Kröger...
Guido Gümmeler: ...oh Gott!
Corsin: Mieke Kröger bemalt auch Schuhe.
Pogacar greif an
Tadej Pogacar greift an. Trotz seines komfortablen Vorsprungs im Gesamtklassement greift er immer wieder an. Er kann nicht anders.