Im Kopf tickten sie gleich, aber ihr Körper war anders. Hier Beat Zberg, der feingliedrige Allrounder, stark in den Bergen und in Rundfahrten. Dort Bruder Markus, vier Jahre jünger und ein wuchtiger, sprintstarker Klassiker-Spezialist. Sie sind das berühmteste Brüderpaar der jüngeren Schweizer Rad-Geschichte. Nimmt man ihre Schwester Luzia (53) dazu, die ebenfalls Profi war, bildeten die Zbergs sogar ein Geschwister-Trio. «Wir wuchsen in Silenen auf. Hier gab es nicht viel zu tun. Also fuhren wir mit dem Velo los», erzählt Beat.
Wir treffen die Zbergs ganz in der Nähe ihrer Heimat Silenen in Isleten am Ufer des Urnersees zum Kaffee. Die Sonne scheint, das Wasser glitzert, auf den Bergen liegt noch Schnee. 3000 Kilometer legen beide pro Jahr noch auf dem Velo zurück. «Geschätzt, denn wir fahren beide ohne Computer», so Markus Zberg. Es sei ihnen egal, wie weit oder wie schnell wir gefahren sind. «Diese Zeiten sind vorbei.»
«In Italien herrschten andere Sitten»
Seriensieger waren weder Beat noch Markus. «Uns hat man nachgesagt, wir seien zu lieb. Dabei hatten wir ein gutes Selbstvertrauen. Aber wir haben es nicht so gezeigt», sagt Beat. Zu 31 Profi-Siegen reichte es ihm, 1997 wurde er Zweiter der Tour de Suisse. «Ich war überall gut – auf der Fläche, bei kleinen Sprints, am Berg und im Zeitfahren. Aber ich hatte keine Superstärke. Das war mein Dilemma.» Markus war weniger talentiert, gewann aber auch 11 Rennen und feierte wie Beat bei der Vuelta schöne Triumphe. 1998 holte er WM-Silber.
Aber wäre nicht mehr möglich gewesen? «Als wir den Sprung zu den Profis machen wollten, gab es nach dem Team Helvetia, wo ich Neoprofi gewesen war, kein Schweizer Team mehr. Das war schade. Das Team Carrera gab mir einen Vertrag, setzte aber nicht auf mich. In Italien herrschten andere Sitten – ich fuhr viel zu oft und fiel in ein Loch. Geholfen hat mir kaum jemand.» Immerhin: Beat schaffte es, dass Carrera auch seinen Bruder unter Vertrag nahm. «Markus hatte sich das verdient, aber ich habe natürlich schon ein gutes Wort für ihn eingelegt.»
«Da herrschte oft Krieg»
Immer wieder fuhren die beiden fortan in gleichen Teams. Auch bei Rabobank in Holland. Markus erzählt: «Ich war 1999 vor der Flandernrundfahrt super in Form. Vor dem Rennen sagte man mir dann, dass ich Helfer sei.» Er musste leer schlucken.
«Ich konnte es nicht glauben. Wir hatten halt vier Holländer im Team, da machte ich für sie den Rücken krumm. Aber harmonisch war das Ganze nicht, im Gegenteil – unter den Holländern herrschte oft Krieg. Am Ende war ich als Sechster der Beste des Teams», erzählt er schmunzelnd.
Nierenriss und eine Fast-Lähmung
Man merkt: Die Zbergs erzählen gern von früher. Aber sie sind auch froh, dass das Kapitel Radrennsport zu ist. Beat arbeitet seit Jahren beim Strassenverkehrsamt Uri, Markus ist bei einer Versicherung angestellt. «Das Risiko, das wir als Radprofis eingingen, war sehr hoch. Zum Glück können wir auch heute noch ohne Probleme Sport machen», so Beat.
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Seine schlimmste Verletzung war ein Nierenriss und eine gebrochene Kniescheibe. «Ich musste danach erst wieder laufen lernen.» Markus erzählt, wie er bei der Tour de Suisse 2004 bei einem Massensturz drei Meter eine Böschung runterflog und 30 Meter weit in eine Kuhweide. «Mein Teamkollege Robert Förster brach sich die Schulter. Als er in den Krankenwagen geladen wurde, fragte er unseren Sportlichen Leiter, wo ich sei. Irgendwann hat man mich im hohen Gras gefunden.» Markus schrammt knapp an einer Querschnittlähmung vorbei. «Ich war wie eine Puppe durch die Luft gewirbelt worden und froh, überhaupt noch am Leben zu sein.»
Nach einer Stunde ist das Gespräch beendet. Die beiden finden aber noch Zeit für einen kurzen Ausritt auf dem Rennvelo. Gut gelaunt fahren sie irgendwann davon – ohne Computer und Druck. Einfach nur zum Spass – so wie früher als Teenager.