Der Letzte der grossen Radprofis der 50er-Jahre ist tot. Raphael «Gem» Geminiani (Fr) starb am Freitag im Alter von 99 Jahren. Legendär sein Wortwechsel mit Ferdy Kübler an der Tour 1955.
Der Mont Ventoux, lächerliche 1900 Meter über Meer gelegen, ist der grösste Geschichten-Erzähler der Tour. Der «hässlichste Kahlkopf» mit dieser erbarmungslosen Steigung (21,1 km lang, durchschnittlich 7,6 Prozent steil) zwingt Ferdy Kübler (1919 bis 2016) in die Knie.
«Achtung, Ferdy», schreit Raphael Geminiani. «Der Ventoux ist kein Pass wie ein anderer.» Ferdy nicht verlegen, gibt zurück. «Und Ferdy kein Rennfahrer wie die anderen.»
Ferdy Kübler hat an diesem 18. Juli kein Wasser mehr. Kübler fährt zickzack und in die falsche Richtung. Er hat die Nase fast auf dem Lenker. Das Käppi schief. Auf den letzten vier Kilometern verliert er noch elf Minuten auf Louison Bobet (Fr). Nach der Abfahrt fährt Kübler in der falschen Richtung. Der sportliche Leiter Alex Burtin bringt ihn auf den richtigen Weg zurück. Fünf Stunden später gesteht der 36-jährige Kübler: «Ferdy ist zu alt. Er hat sich auf dem Mont Ventoux getötet.»
Geminiani infizierte sich mit Malaria
Später aber beschwichtigt er: «Der Ventoux ist doch nur ein weisser Steinhaufen. Und viele Geschichten sind nichts anderes als Märchen!»
Geminiani hat den Wahrheitsgehalt des Gesprächs stets bestätigt. Der TdF-Zweite von 1951 (hinter Sieger Hugo Kobet, Sz) startet 1959 wie Fausto Coppi an einem Rennen in Obervolta (heute Burkina Faso). Wie Coppi infizierte er sich mit Malaria. Während Coppi an den Folgen stirbt, überlebt Geminiani die Krankheit. Nach seiner Karriere feierte er als sportlicher Leiter von Jacques Anquetil mehrere Toursiege.