Droht jetzt der grosse Absturz?
Wie Olympiasiegerin Neff den Gold-Fluch brechen will

Jolanda Neff ist in Tokio endgültig in den Mountainbike-Olymp aufgestiegen. Ihre beiden Vorgängerinnen mussten nach ihrem Sieg durch eine dunkle Zeit. Die St. Gallerin fühlt sich aber gut aufgestellt.
Publiziert: 07.05.2022 um 15:06 Uhr
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Ist bereit für den neuen Olympia-Zyklus: Jolanda Neff.
Foto: Dominic Wenger
Sven Micossé

Nach Tokio ist vor Paris. Für die Mountainbike-Fraktion beginnt der Weg zu den Olympischen Spielen 2024. Jolanda Neff wird im Idealfall in der Stadt der Liebe als Titelverteidigerin an den Start gehen. Eine Gold-Verteidigung ist zuletzt Paola Pezzo 2000 gelungen. Seitdem hat der Olympiasieg mehr Bürden als Segen mitgebracht.

Neff will jedenfalls den Schwung nutzen, und sollte sie neuerlich Gold einfahren, soll es dann keine Überraschung sein. «Das ist das grosse Ziel für dieses und die nächsten Jahre, dass ich eine Top-Fahrerin und bei jedem Rennen, bei allen Bedingungen Favoritin auf den Sieg bin», sagt die St. Gallerin beim Swiss-Cycling-Medientermin.

Klingt, als würde sich Neff grossen Druck aufbauen. Doch sie wählt ihre Worte mit Bedacht, zieht die Lehren aus den Schicksalen ihrer beiden Vorgängerinnen. Denn sowohl Julie Bresset (2012) und Jenny Rissveds (2016) erlebten nach ihren Goldmedaillen eine dunkle Zeit. Druck, Aufmerksamkeit und Stress sind nach ihren Triumphen ins Unermessliche gestiegen. Als Folge nahmen beide eine Auszeit vom Sport, um wieder zu sich zu finden.

«Hätte nicht gewusst, wie damit umgehen»

Die 29-Jährige sieht es heute als Glücksfall an, dass sie 2016 in Rio «nur» Sechste geworden ist und nicht den Sieg eingetütet hat. «Ich glaube, damals hätte ich gar nicht gewusst, wie damit umgehen.»

Zu dem Zeitpunkt war sie die amtierende Gesamtweltcupsiegerin und Europameisterin. «Wenn ich das dort auch noch gewonnen hätte, wären die Erwartungen so himmelhoch gewesen, und das hätte mir nicht gutgetan. Für mich war es das Beste, 2016 nicht gewonnen zu haben.»

Denn danach krempelte sie ihr Leben um, ging studieren, zog vom Elternhaus in Thal SG in eine WG in Zürich und machte das, was sie liebt: einfach Velo fahren. Bekanntlich mit Erfolg. «2021 war für mich persönlich auch ein Zeitpunkt, an dem ich dafür viel bereiter und erwachsener als 2016 war. Es war mit Gesamtweltcup, Weltmeisterschaft ein perfekt schöner Aufbau, den ich mir über Jahre erarbeitet habe», resümiert Neff.

Balance finden, ist das Ziel

Diese Arbeit will sie nun fortführen. Konstant starke Leistungen an den Tag bringen, aber die Liebe zum Sport nicht beiseitelassen. Keine leichte Aufgabe. «Daran muss ich mich auch selber erinnern: ‹Du musst nicht nur an den Start gehen, um zu gewinnen. Du kannst, aber musst nicht.› Diese Balance zu finden, ist mein Ziel.»

Den dreifachen Olympia-Sieg wirds nicht mehr geben

Gold, Silber und Bronze – alle für die gleiche Mountainbike-Nation. Die historische Leistung von Jolanda Neff, Sind Frei (25) und Linda Indergand (29) in Tokio wird es so nicht mehr geben. Für die kommenden Olympischen Spiele in Paris 2024 bekommen auch die beiden Top-Länder – aktuell die Schweiz und Frankreich – bloss maximal zwei Startplätze. Während es in Tokio noch deren drei waren, hat der internationale Rad-Verband UCI den Rotstift angelegt. Ein grosser Rückschlag, denn eine Schweizer Medaillengewinnerin bleibt sicher Zuhause. «Es ist extrem schade, denn das Niveau ist an Olympia immer etwas tiefer, da nicht alle dort sein können. So wird es noch tiefer», sagt Frei.

Gold, Silber und Bronze – alle für die gleiche Mountainbike-Nation. Die historische Leistung von Jolanda Neff, Sind Frei (25) und Linda Indergand (29) in Tokio wird es so nicht mehr geben. Für die kommenden Olympischen Spiele in Paris 2024 bekommen auch die beiden Top-Länder – aktuell die Schweiz und Frankreich – bloss maximal zwei Startplätze. Während es in Tokio noch deren drei waren, hat der internationale Rad-Verband UCI den Rotstift angelegt. Ein grosser Rückschlag, denn eine Schweizer Medaillengewinnerin bleibt sicher Zuhause. «Es ist extrem schade, denn das Niveau ist an Olympia immer etwas tiefer, da nicht alle dort sein können. So wird es noch tiefer», sagt Frei.

Ein Mindset, das sie zumindest im diesjährigen Weltcup noch nicht benutzen konnte. Die Olympiasiegerin fiel für den Auftakt in Petropolis krank aus.

«Ich habe mir gedacht: Story of my life. Es kommt immer wieder etwas», sagt Neff. Corona war es nicht. Alle Tests seien negativ gewesen, dennoch war sie zwei Wochen lang mit Grippesymptomen wie ausgeknockt. Schade, denn sie zeigte eine starke Frühform, hat beim Vorbereitungsevent in Brasilien die Konkurrenz schon in den Boden gefahren und mit sechs Minuten Vorsprung gewonnen.

Für den kommenden Weltcup in Albstadt (De) meldet sich Neff wieder fit. «Die Form ist sicher nicht mehr dort, wo sie beim Vorbereitungsrennen war, aber jetzt mache ich das Beste daraus.»

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