Putin will seine eigenen Olympischen Sommerspiele
«Russland verhält sich wie ein trotziges Kind!»

Noch immer sind russische Athletinnen und Athleten von internationalen Sportveranstaltungen grösstenteils ausgeschlossen. Nun droht Russland mit dem Aufbau eines parallelen Sport-Universums. Doch der Plan könnte schiefgehen.
Publiziert: 17.05.2023 um 10:42 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2023 um 11:11 Uhr
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Wer in Russland Olympiagold holt, wird zum Volkshelden. Besonders, wenn man wie Schwimm-Ass Jewgeni Rylow (26) Putins Kriegs-Propaganda unterstützt. Der Weltverband Fina hat Rylow aus diesem Grund neun Monate gesperrt.
Foto: Instagram / Jewgeni Rylow
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Nina KöpferRedaktorin Sport

Dürfen russische Athletinnen und Athleten an den nächsten Olympischen Spielen in Paris teilnehmen? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Das Internationale Olympische Komitee IOC plädierte für eine Wiedereingliederung russischer Athleten, sofern diese gewisse Kriterien erfüllen. So müssen die Sportler etwa einen Nachweis erbringen, den Krieg nicht aktiv zu unterstützen.

Während das Zugeständnis des IOC für internationale Kritik sorgt, sieht sich der Chef des Russischen Olympischen Komitees, Stanislaw Posdnjakow (49), auf die Füsse getreten. Kaum ein russischer Athlet könne die Vorgaben des IOC erfüllen, schrieb er auf seinem Telegramm-Kanal. Als Konsequenz nimmt Russland das Heft offenbar selbst in die Hand.

Braucht Russland Olympia überhaupt?

Russland will seine eigenen Spiele auf die Beine stellen. Teilnehmen sollen unter anderem die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt, China und Indien. Sie sind zusammen mit Russland, Brasilien und Südafrika Teil der Brics-Staaten. Ein Zusammenschluss aufstrebender Volkswirtschaften und das Gegenstück zu den westlich geprägten G7-Staaten. Was also, wenn diese Brics-Spiele tatsächlich in Putins Reich stattfinden? Braucht Russland Olympia überhaupt noch?

«Oh ja, auf jeden Fall», ist die Antwort von Russland-Experte Sven Daniel Wolfe, Politgeograf an der Universität Zürich. «Russland tut zwar so, als sei es nicht auf den Goodwill des IOC angewiesen. In Wahrheit ist es für die Regierung aber eine Katastrophe, wenn sie von den Olympischen Spielen ausgeschlossen bleiben.» Denn seit jeher hat Russland internationale Sportevents genutzt, um Macht und Stärke zu demonstrieren. Nicht nur gegenüber anderen Staaten. Auch gegenüber der eigenen Bevölkerung.

Sport als Propaganda-Waffe

Die Lebensqualität hat sich seit Putins Machtantritt vor 23 Jahren nicht verbessert, viele leben in extremer Armut. Mit sportlichen Erfolgen zeigt die Regierung dem verarmten Volk, wie erfolgreich und stark die Nation ist. «Denn die meisten Russinen und Russen spüren in ihrem harten Alltag nichts von Russlands Macht und Geld», führt Wolfe aus.

Die Idee eines russischen Olympia-Paralleluniversums sei Irrsinn, findet der Russland-Kenner. Der Witz an Olympischen Spielen sei, dass die ganze Welt zuschaue. Je grösser das Publikum, umso grösser die Wirkung. «Russland kann schon mit China und Indien einen eigenen Event veranstalten. Das wird aber niemanden interessieren.»

«Jetzt nicht einknicken»

Auch für die russischen Sportler wären diese Spiele verglichen mit Paris 2024 unbefriedigend. Wolfe kann den Frust der Athletinnen nachvollziehen. Für die meisten ist durch das staatliche Sportförderprogramm eine gewisse Nähe zum Regime unumgänglich. Soll man also auf unschuldige russische Athletinnen Rücksicht nehmen?

Nein, sagt Politgeograf Wolfe bestimmt und vergleicht Russland mit einem verwöhnten Kind. «Russland verhält sich wie ein trotziges Kleinkind, das keine Süssigkeiten mehr kriegt. Also schreit und schreit es. Bis jemand einknickt und sagt, na gut, hier hast du dein Schöggeli.» Nun gelte es, hart zu bleiben. Für Sven Daniel Wolfe gibt es nur einen Weg, russische Sportler international wieder zuzulassen. Russland muss den Krieg beenden. Nicht mehr und nicht weniger.

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