Für viele Sportler gibt es nichts Grösseres als eine Teilnahme an den Olympischen Spielen. Diesen Traum hatte auch Synchronschwimmerin Ona Carbonell (31), bis vor einem Jahr ihr Sohn Kai die Welt erblickte. Plötzlich stellte sich für die Spanierin die Frage, wie bringe ich Olympia und die Bedürfnisse meines Kindes unter einen Hut? «Als ich Kai zur Welt brachte und sah, dass ich fit wurde und es zu den Spielen in Tokio schaffen könnte, war das Erste, was ich tat, zu fragen, ob ich ihn mitnehmen könnte, weil ich ihn stillte», teilt Carbonell via soziale Medien mit.
Die Silbermedaillengewinnerin von London 2012 wendete sich mit ihrem Anliegen zuerst an das spanische Olympische Komitee (COE). Zusammen mit anderen Athletinnen und dem COE im Rücken ging Carbonell auf den Internationalen Olympischen Verband (IOC) zu. «Die haben mir gesagt, dass es möglich sei, Kai nach Tokio mitzunehmen.»
Aufatmen? Denkste. Kurz vor ihrer Abreise erreicht sie eine Nachricht, die ihren Traum platzen zu lassen droht. Die japanische Regierung hat die Bedingungen für die Mitnahme ihres Sohnes bekannt gegeben. Carbonell ist ausser sich: «Die Vorschriften sind unvereinbar mit einer Top-Performance in meinem Wettkampf.»
Mutter und Kind getrennt
Ihr Mann und Kai würden in ein Hotel einquartiert werden. «Wir wissen nicht, wie weit es von meiner Villa entfernt ist, und sie sollen in den rund 20 Tagen, die ich in Tokio bin, immer im Hotel bleiben.» Um ihr Kind zu stillen, müsste sie die Blase verlassen.
Eine mögliche Corona-Infektion wird dadurch wahrscheinlicher: «Das würde das gemeinsame Ziel unseres Olympia-Teams gefährden, für das wir schon lange kämpfen.» Nach langem Hin und Her entscheidet sich die Athletin, ihren kleinen Sohn in Spanien zu lassen und alleine die Reise nach Tokio anzutreten.
Zum Abschluss ihres emotionalen Statements auf Instagram meint sie: «Ich hoffe, mein Fall kann anderen in Zukunft, für die nächsten Spiele und für kommende Wettkämpfe helfen.» Mutter sein und auf Weltklasse-Niveau performen: ein Drahtseilakt. (nab)