Sie leidet und sie lacht, sie jammert und sie jubelt, sie beklagt sich, aber sie kämpft – bis zur Krönung zur Miss Olympia. Belinda Bencic bietet bei ihrem dramatischen Aufstieg zum Olymp die volle Bandbreite an Emotionen. «Das ist Belinda. Sie muss ihre Gefühle ausleben, Tennis ist ihre grosse Leidenschaft», sagt Martin Hromkovic, der Fitnesstrainer und Freund von Bencic.
Der 39-jährige Slowake ist der ruhige Gegenpol in dieser spannungsgeladenen Gemeinschaft. Zieht bei Belinda ein Gewitter auf, ist er der Blitzableiter. Unaufgeregt empfängt er die Eruptionen und scheint allein durch seine Blicke aus der Box den Sturm verschwinden zu lassen. «Ich versuche immer ruhig zu bleiben, aber innerlich brodelt schon auch bei mir», sagt Hromkovic.
Sportwissenschaftler mit Masterabschluss
Sein scheinbar unerschütterliches Wesen ist für Bencic nicht erst seit Tokio Gold wert. Vor vier Jahren haben sie die Arbeit zusammen aufgenommen – und sich dann verliebt. «Er versteht mich, wie ich mich in den schwierigen Momenten fühle. Das hilft mir sehr», sagt Bencic. «Er ist auch Sportler und hat die gleiche Mentalität. Er kennt sich aus mit schwierigen Situationen und kann sich voll in meine Person versetzen.»
Als Jugendlicher strebt Hromkovic als Innenverteidiger eine Laufbahn als Profi an, kommt aber trotz seiner Grösse von 1.92 Meter und einem Kampfgewicht von über 90 Kilogramm nicht über eine Karriere als Amateur hinaus. Nach der Matur interessiert sich der Kicker für alles, was mit Kondition zu tun hat. Er schleift seinen Körper und verliert sich in der Fachliteratur. Mittlerweile hat er den Master als Sportwissenschaftler. Für Bencic ist er aber auch noch Psychologe.
Auch ein bisschen Olympiasieger
«Wir haben sehr viele Gespräche und versuchen – immer wenn es ein Problem gibt – die negativen Gedanken aus dem Kopf zu treiben», sagt Hromkovic, der übrigens auch mit dem Tennisschläger ein gute Falle macht. Als Fachmann fühlt er sich allerdings nicht, da vertraut er auf den Vater von Belinda. «Ivan ist ein genialer Coach und weiss genau, was Belinda braucht. Er ist zwar nicht mehr so oft dabei, aber immer noch ungemein wichtig.»
Wegen der Pandemie musste der Vater auf den Trip nach Tokio verzichten. Der Game Plan – die taktische Ausrichtung vor den Spielen – kam jeweils per Telefon. Und Hromkovic hört dann genau zu. «Ich kann bei der Besprechung immer viel lernen.» Komplett abgrenzen, kann aber auch er sich nicht immer. «Ich bin zwar noch kein Tennis-Experte, aber wenn mir etwas auffällt, gebe ich schon meine Tipps. Es hat ja in Tokio funktioniert», sagt Hromkovic und fühlt sich auch ein bisschen als Olympiasieger.