Das meint Blick zum Doping-Fall Alex Wilson
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«Naivität ist bedenklich»:Das meint Blick zum Doping-Fall Alex Wilson

«Extrem unwahrscheinlich»
Grosse Zweifel an Wilsons Fleisch-Begründung

Ist da wirklich genug Fleisch am Knochen? Alex Wilsons Erklärung für seine positive Doping-Probe überzeugt zwei renommierte Experten nicht.
Publiziert: 29.07.2021 um 13:40 Uhr
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Aktualisiert: 29.07.2021 um 14:20 Uhr
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Alex Wilson besteht darauf, nicht gedopt zu haben.
Foto: keystone-sda.ch
Emanuel Gisi aus Tokio

Die Theorie ist mittlerweile bekannt: Alex Wilson (30) glaubt, dass kontaminiertes US-Rindfleisch dafür gesorgt hat, dass er in einer Doping-Probe positiv auf das Steroid Trenbolon getestet wurde.

Ein Pfund Ochsenschwanz und sechs Burger-Patties, die er an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in einem Restaurant in Las Vegas gegessen haben will, sollen laut seinen Erklärungen vor der Schweizer Doping-Disziplinarkommission und vor der Ad-Hoc-Kammer des CAS dafür verantwortlich sein.

Expertin zweifelt an Wilsons Version

Ein Blick in den CAS-Schiedsspruch, der dafür sorgt, dass die provisorische Sperre gegen den Schweizer Rekordsprinter wieder in Kraft gesetzt wird, zeigt, dass Wilsons Version von einer renommierten Forscherin stark angezweifelt wird.

«Es ist extrem unwahrscheinlich, dass Fleischkonsum das beanstandete Analyseergebnis verursacht hat», schreibt Christine Ayotte, Direktorin des Wada-Antidoping-Labors in Montreal (Ka) in einem Bericht. Die Chemikerin gilt als Expertin auf diesem Gebiet und wird regelmässig bei Antidoping-Anhörungen und Zivilprozessen hinzugezogen. In diesem Fall wird sie von der Welt-Antidopingagentur Wada und World Athletics beigezogen, die gegen die Aufhebung von Wilsons Sperre protestierten.

Nach Ayottes Ansicht ist die Konzentration des Metaboliten Epitrenbolon in Wilsons Urinprobe mit 1,5 Nanogramm pro Gramm in der A- und 3,5 ng/g in der B-Probe zu hoch, als dass verunreinigtes Fleisch allein dafür verantwortlich sein kann. Die Konzentration hätte viel tiefer sein müssen. «Eine solch winzige Menge wäre innerhalb von 24 Stunden vollständig verstoffwechselt und ausgeschieden worden.»

Expertin hält «Variante Doping» für wahrscheinlich

Weil kurz vor der positiven Doping-Probe keine weitere Probe durchgeführt worden sei, «gibt es nichts, das eine bewusste Einnahme von Trenbolon ausschliesst (oder die Wahrscheinlichkeit verringert)», schreibt Ayotte. Sprich: Ayotte hält es für wahrscheinlich, dass Wilson bewusst gedopt hat.

Auch die Bartprobe, die Wilson zur Entlastung durchführen liess, überzeugt die Kanadierin nicht. Die Analyse sei nicht korrekt durchgeführt worden.

Ein weiterer Experte spricht sich ebenfalls gegen Wilsons Version aus. Laut Bradley Johnson, Professor für Fleischwissenschaften und Muskelbiologie an der Texas-Tech-Universität, ist die Aussage, dass das Trenbolon direkt in den Ochsenschwanz gespritzt worden und die Konzentration darum so hoch sein könnte, äusserst unplausibel.

Nach Anhörung der beiden Experten fällt die Ad-Hoc-Kammer des CAS den Entscheid: Ein ordentliches Verfahren in der Schweiz muss her, die provisorische Sperre sei wieder zu verhängen. Wilson kritisiert, dass die Anhörung so kurzfristig und am Wochenende angesetzt worden sei, dass seine Experten für die Anhörung nicht aufgeboten werden konnten. Er werde sich wehren, kündigt er an.

Kamber: Thema verunreinigte Lebensmittel wird «noch grösser»

Etwas Unterstützung bekommt Wilson derweil aus der Schweiz. Aus Sicht von Matthias Kamber, langjähriger Direktor von Antidoping Schweiz, hat Wilson auch ein bisschen Pech. Während die Wada andere Viehmast-Steroide wie zum Beispiel Clenbuterol seit kurzer Zeit etwas zurückhaltender behandelt und nicht sofort eine provisorische Sperre ausspricht, sondern weitere Untersuchungen anordnet, wenn Spuren davon in einer Doping-Probe gefunden werden, ist das bei Wilsons Steroid nicht so. «Ich hätte erwartet, dass die Wada auch Trenbolon auf diese Liste setzt», sagt er. Dann hätte Wilson in Tokio starten können.

Der frühere Doping-Jäger Kamber hat Wilsons Team in den letzten Wochen zu Themen rund um den Fall beraten. «Das Thema von verunreinigten Lebensmitteln dürfte in den nächsten Jahren noch grösser werden», sagt er. Eine Aussage zu Wilsons Chancen im Dopingverfahren könne er nicht machen, sagt er auf Blick-Anfrage. «Dafür müsste ich die Gegenargumente im Detail studieren.»

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