Ex-Sprint-Star Montgomery behauptet
«Athleten im Final sind zu 99 Prozent gedopt»

Der ehemalige Sprintstar Tim Montgomery, der wegen Doping und Kriminalität in Ungnade fiel, ist heute Trainer. Er glaubt, dass fast alle Olympioniken gedopt sind, während Experten wie Ernst König von Swiss Sports Integrity Fortschritte im Antidoping betonen.
Publiziert: 30.07.2024 um 16:16 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2024 um 10:57 Uhr
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Einst war er der schnellste Mann der Welt, doch alle seine Erfolge wurden wegen eines Dopingskandals annulliert: Tim Montgomery.
Foto: Blicksport
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Nele BachmannRedaktionelle Mitarbeiterin Sport

Tim Montgomery (49) – einst gewann er olympisches Silber und Gold, wurde Weltmeister und stellte einen neuen Weltrekord auf, der erst Jahre später gebrochen werden konnte. Trotzdem hat man den amerikanischen 100-Meter-Sprinter nicht in guter Erinnerung.

Auf die Erfolge folgten schnell mehrere Doping-Skandale und seine Medaillen wurden ihm aberkannt. Montgomery erreichte neue Bekanntheit als der Athlet, der in Heroinhandel und Geldwäsche verwickelt war. Er verbrachte Jahre im Gefängnis – und trotzdem liess ihn der Sport nie vollständig los. Nun, mit 49 Jahren ist er Trainer für junge Athleten, von denen jedoch keiner in Paris im Einsatz ist.

«Ich erkenne illegale Substanzen, wenn ich sie sehe»

«Wenn du es in einen olympischen Final schaffst, sage ich, dass du mit 99-prozentiger Sicherheit gedopt bist», sagt Montgomery der «Daily Mail». «Ich würde nicht einmal versuchen, dich für die Olympischen Spiele zu trainieren, ich erkenne illegale Substanzen, wenn ich sie sehe.»

Ernst König (46), Direktor von Swiss Sports Integrity (SSI), der Antidoping-Behörde der Schweiz, spricht hingegen von grossen Fortschritten in den letzten Jahren. «Klar, stellt sich am Schluss immer die Frage, wie sauber diese Spiele dann sind, doch von 99 Prozent zu sprechen, ist viel zu hoch», sagt er zu Blick.

Fortschritte im Antidoping-Bereich

Heutzutage ist es möglich, Proben bis zu zehn Jahre aufzubewahren und auch zu späteren Zeitpunkten mit neuen Methoden immer wieder zu testen. Das bietet dem olympischen Komitee die Möglichkeit, Medaillen und Leistungen auch im Nachhinein noch abzusprechen, was auch den Athleten bewusst ist. «Es geht auch um Chancengleichheit. Wir wollen verhindern, dass die einen aufgrund von leistungsfördernden Substanzen unfaire Vorteile haben», erklärt der Dopingexperte.

«In der Leichtathletik der schnellste Mann der Welt oder die schnellste Frau der Welt zu sein? Ich sehe einfach nicht, wie man das sauber machen kann», sagt hingegen Montgomery. Auch die Statistiken im Sprint bestätigen dies. Von den zehn schnellsten 100-Meter-Läufern gilt bis heute nur einer als unbelastet: Usain Bolt (37).

Spricht aus Montgomery nur die Bitterkeit, nie gesehen zu haben, wozu er in der Lage hätte sein können, hätte er den Sport sauber betrieben? Oder hat er einfach ein tiefes und grundlegendes Verständnis dafür, wie auf der Laufbahn Rekorde entstehen? Die Welt hat sich in den 20 Jahren seit Montgomerys Blütezeit verändert. Und die Olympischen Spiele mit ihr. Nach all den Doping-Skandalen der letzten Jahre steht ein Sport ohne Doping an so hoher Stelle wie noch nie. Auch in Paris. Doch die absolute Sicherheit, dass alles mit rechten Dingen zuging, hat man nie.

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