Nach aussen wird alles heruntergespielt. Es sei kein historischer Teamwechsel, keine Demontage einer Ikone, kein Ersetzen des in die Jahre gekommenen Altstars durch das neue Supertalent. Dabei macht Yamaha Anfang Jahr genauso das: Töff-Legende Valentino Rossi (41) muss das Werksteam bald verlassen, seinen Platz bekommt ab 2021 MotoGP-Sensation Fabio Quartararo (21). Das ist schon klar, bevor Quartararo letzten Sonntag beim Töff-Re-Start in Jerez erstmals in der Königsklasse siegt.
Ein Ritterschlag für den halb so alten Franzosen, der als Kind glühender Rossi-Fan ist und im Fahrerlager stundenlang auf ein Foto mit seinem Idol wartet.
«Ich wollte immer wie er werden», sagt Quartararo dem Magazin «GQ», «Rossi hat mich mit seiner Leidenschaft inspiriert. Ich bin mit ihm aufgewachsen, die Wände meines Zimmers waren voller Poster. Jetzt fahre ich gegen ihn. Das ist einfach ein Traum.»
Wegen ihm fliegt Rossi aus dem Werksteam
Nach seinem Sensations-Debütjahr 2019 in der Königsklasse – jüngster Polesetter aller Zeiten, 6 Pole-Positions, fünf 2. Plätze, zwei 3. Plätze und der starke WM-Rang 5 – fährt Fabio nicht nur gegen sein Idol, sondern ersetzt es sogar. «Ich betrachte es nicht so, dass ich seinen Platz einnehme», sagt der Töff-Bubi aus Nizza, fast eingeschüchtert von der historischen Komponente seines Aufstiegs.
Wegen ihm fliegt Rossi aus dem Werksteam: Das ist 15 Jahre lang so undenkbar, als ob Cristiano Ronaldo nicht mehr für Portugal aufgeboten werden würde. Bisher hat der neunfache Weltmeister seine Zukunft immer selber bestimmt. Es ist eine Art Majestätsbeleidigung, als Yamaha Quartararo verpflichtet – ohne Rossis Entscheidung abzuwarten, ob er weitermachen will oder nicht.
Der Italiener macht gute Miene zum bösen Spiel. Denn da er nach seiner Degradierung künftig für das private Petronas-Yamaha-Team (sicher 2021, wohl auch 2022) fährt, benötigt er weiterhin die Unterstützung der Japaner.
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Yamaha will 2021 wieder um die Meisterschaft mitfahren
Sportlich ist der Platztausch logisch. MotoGP-Opa Rossi ist noch immer der Liebling der meisten Fans, aber kein Siegfahrer mehr. Sein 115. und bisher letzter GP-Triumph datiert vom Juni 2017. So dominant wie in seinen besten Zeiten Rossi ist längst ein anderer: Ausnahmekönner Marc Marquez (27).
Nun will Yamaha ab 2021 mit Quartararo gegen Marquez in die Schlacht um die MotoGP-Vorherrschaft ziehen. Der Franzose galt schon früh als nächster Marquez. Er gewinnt mit 14 und 15 Jahren zweimal die spanische Meisterschaft und steigt dank einer Sonderbewilligung bei der Altersregel schon 2015 in die WM ein.
Doch dann stockt die vielversprechende Karriere. In vier Jahren Moto3 und Moto2 gewinnt er nur ein einziges Rennen. Zu viel Druck. Unfähiger Manager. Fehler bei der Teamwahl und dazu die Pubertät. Jahrelang fällt Quartararo nur noch wegen seiner wechselnden Haarfarbe auf statt mit Leistung.
Quartararo will bereits 2020 ums WM-Podest kämpfen
Ein Managerwechsel ändert alles. Wegen des Jugendwahns in der Königsklasse bekommt das vergessene Supertalent eine MotoGP-Chance. Und «El Diablo» (Spitzname aus Juniorenzeiten) zeigt nach den Seuchenjahren wieder, dass er schnell wie der Teufel ist.
Die wundersame Rookie-Saison erlebt ein guter Kumpel von Tom Lüthi hautnah mit. Achim Kariger ist zehn Jahre Mechaniker von Lüthi, ehe er letztes Jahr bei Petronas-Yamaha Schrauber bei Quartararo wird. «Fabio ist ein super Typ», sagt der Deutsche zu SonntagsBlick, «die Arbeit mit ihm und dem ganzen Team macht richtig Spass. Klar, es ist in seiner ersten Saison auch von Anfang an gut gelaufen. Es war grossartig, mehrere Podestplätze zu feiern.»
Nach dem Sieg in Jerez ist das Ziel für 2020 klar: Quartararo will noch vor seinem Aufstieg als Rossi-Ersatz ein Wörtchen ums WM-Podest mitreden.