An diesem Wochenende kann Schweizer Töff-Geschichte geschrieben werden! Der Schauplatz ist Estoril, die Kategorie die längst totgeglaubte Seitenwagen-WM. Doch nun ist der Berner Markus Schlosser (49) mit seinem Luzerner Beifahrer Marcel Fries (54) drauf und dran, der erste Schweizer Seitenwagen-Weltmeister seit dem legendären Rolf Biland (70) 1994 zu werden.
Schlosser zu Blick: «Wir sind mit gemischten Gefühlen hergefahren. Das Titelrennen ist nach wie vor offen. Zudem ist regnerisches Wetter angesagt.» Und: Schlosser/Fries bekommen zu spüren, dass die früher populären Dreiräder längst nicht mehr unter dem professionellen Grand-Prix-Dach fahren, sondern von einem Promoter aus England organisiert werden. Für das Finale in Portugal wurden kurzfristig zweimal die Regeln geändert.
Plötzlich ein neues Renn-Format
Zuerst sollte es für die zwei Rennläufe eineinhalb mal so viele Punkte geben wie normal. Doch nun sind es plötzlich drei Läufe – die beiden am Samstag (11.45 und 15.10 Uhr) sogar mit doppelten Punkten, während das Sonntagrennen (12.00 Uhr) normal gewertet wird. «So etwas hat es in der ganzen Geschichte noch nie gegeben. Die Engländer versuchen alles…», sagt Schlosser.
Der Hintergrund: Nach 20 britischen WM-Titeln in den letzten 27 Jahren seit Bilands Sieg unternimmt die erfolgsverwöhnte Seitenwagen-Nation offenbar alles, um den historischen Schweizer Titel zu verhindern.
Doch Saison-Dominator Schlosser bringt dank seinen acht Siegen in zwölf Läufen ein 55-Punkte-Polster mit. Wenn Schlossers britischer Verfolger Todd Ellis und dessen französische Beifahrerin Emmanuelle Clement alle drei Rennen gewinnen, reichen dem Schweizer Duo drei dritte Ränge für den grössten Triumph ihrer Karriere.
Russisches Roulette im Regen?
Schlosser wird aber nicht gross taktieren, sondern lieber einmal mehr in der Box seine LCR-Yamaha auf Defektanzeichen untersuchen: «Wir werden starten und dann jeweils schauen, wie das Rennen läuft. Bei Mischverhältnissen, halb nass und halb trocken, wird es sowieso zum russischen Roulette!»
Glückssache, wer dann mit den Reifen und dem Reifendruck richtig gepokert hat. Doch wer weiss: Im Casino-Ort Estoril könnte trotz Briten-Spielchen die Kugel auch ganz im Schweizer Sinn rollen.