So schnell segelte noch nie eine Frau alleine um die Welt
Jetzt redet Schweizerin über ihr Mega-Abenteuer bei härtester Regatta der Welt

Die Schweizer Seglerin Justine Mettraux überzeugt bei der Vendée Globe. Sie überquert als Achte die Ziellinie und setzt neue Massstäbe für Frauen im Segelsport. Ein dramatisches Finale krönt ihre beeindruckende Leistung.
Publiziert: 30.01.2025 um 17:55 Uhr
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Aktualisiert: 30.01.2025 um 18:03 Uhr
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Es sind mächtige Bilder, die Justine Mettrauxs Ankunft in Les Sables-d’Olonne bietet.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Justine Mettraux bricht Rekorde bei härtester Segelregatta der Welt
  • Trotz technischer Probleme und Widrigkeiten kämpfte sie sich ins Ziel
  • In 76 Tagen, 1 Stunde, 36 Minuten und 52 Sekunden umrundete sie die Welt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nele BachmannRedaktionelle Mitarbeiterin Sport

Mit rot leuchtenden Seenotfackeln lässt sich Justine Mettraux (38) am Samstagnachmittag im Hafen von Les Sables-d’Olonne feiern. Die Genfer Seglerin hat gerade einige Rekorde gebrochen: Als Gesamt-Achte und somit als beste Frau, als beste Nicht-Französin und als Erste ohne Hightech-Boot der neusten Generation hat sie gerade die Ziellinie der härtesten Segelregatta der Welt überquert.

In 80 Tagen um die Welt, das war einmal. Alleine umrundete Justine Mettraux die Welt in 76 Tagen, 1 Stunde, 36 Minuten und 52 Sekunden und pulverisierte den Rekord der schnellsten Frau. Gute elf Tage ist sie schneller als Clarisse Crémer bei der letzten Ausgabe der Vendée Globe und kann sich nun guten Gewissens die schnellste Frau nennen, die jemals um die Welt segelte.

Schnell trotz immenser Schäden

Dass Mettraux an diesem Herkules-Rennen so hervorragend abschneidet, ist keine Überraschung – und dennoch nicht selbstverständlich. Die 38-Jährige bringt viel Erfahrung mit, und schon vor der verrückten Einhand-Regatta trauten ihr Experten und Mitstreiter einen Platz in den Top 10 zu. Doch Mettraux hatte mit Widrigkeiten zu kämpfen, die sie nur dank ihrer Erfahrung, ihrem herausragenden Können, ihrem Kampfgeist und klugen taktischen Entscheidungen überwinden konnte.

Die egoistischsten Eltern der Welt?

Einen Tag nach Justine Mettraux kommt mit Clarisse Crémer (35, Fr) die zweitbeste Frau im Ziel der Vendée Globe an. Die Elftplatzierte ist Mutter der kleinen Matilda (2). Das Kleinkind war während der zweieinhalb Monate von Crémers Solo-Weltumseglung also beim Vater? Nein! Matildas Papa ist Tanguy Le Turqouis (35) – er stach wie seine Partnerin im November ebenfalls in die härteste Regatta der Welt. Er ist momentan auf Rang 22 noch viele Tage vom Ziel entfernt. Die Frage sei erlaubt: Sind die beiden die egoistischsten Eltern der Welt? Auch wenn in der Segelszene viel Verständnis aufgebracht wird und Matilda in Le Turqouis' Schwester eine Ersatzmutter hatte – Experten wie der berühmte Kinderforscher Remo Largo (†76) hätte bei diesem doppelten Ego-Trip wohl ganz leise Zweifel angemeldet.

Matthias Dubach

Einen Tag nach Justine Mettraux kommt mit Clarisse Crémer (35, Fr) die zweitbeste Frau im Ziel der Vendée Globe an. Die Elftplatzierte ist Mutter der kleinen Matilda (2). Das Kleinkind war während der zweieinhalb Monate von Crémers Solo-Weltumseglung also beim Vater? Nein! Matildas Papa ist Tanguy Le Turqouis (35) – er stach wie seine Partnerin im November ebenfalls in die härteste Regatta der Welt. Er ist momentan auf Rang 22 noch viele Tage vom Ziel entfernt. Die Frage sei erlaubt: Sind die beiden die egoistischsten Eltern der Welt? Auch wenn in der Segelszene viel Verständnis aufgebracht wird und Matilda in Le Turqouis' Schwester eine Ersatzmutter hatte – Experten wie der berühmte Kinderforscher Remo Largo (†76) hätte bei diesem doppelten Ego-Trip wohl ganz leise Zweifel angemeldet.

Matthias Dubach

Schon Ende November, kurz nach dem Start, verlor die Skipperin ein Vorsegel, was sie von da an bei schwachen Winden benachteiligte. Ausserdem büsste sie ihren Windsensor ein, der Ersatz funktionierte nur halbwegs, was dazu führte, dass sie, anstatt sich auf den Autopiloten verlassen zu können, immer wieder selbst den Kurs ändern musste. «Natürlich ist es frustrierend, wenn Dinge irreparabel kaputtgehen. Doch man muss das akzeptieren und trotzdem das Beste aus dem machen, was man hat», sagt die Seglerin und beweist damit nicht zum ersten Mal mentale Stärke.

Auch schöne Erinnerungen bleiben

Doch es war nicht alles nur Kampf. Vor allem die Abschnitte den Atlantik hinunter nach dem Start und entlang der Eisgrenze im Südlichen Ozean gefielen der Seglerin, die auf dem Genfersee ihre Anfänge machte. «Ich fühlte mich gut an Bord und habe sehr schöne Erinnerungen an diese Zeit», erzählt die Schweizerin.

Ein Kampf bis zum bitteren Ende

Die eigentliche Dramatik des Rennens spielte sich dann auf den letzten Meilen ab: Kurz vor der Ziellinie, nach gut zwei Monaten alleine auf See, der lang ersehnte Hafen zum Greifen nahe, riss Mettraux’ Hauptsegel. «Es war ein Kampf bis zum Schluss. Die Wetterbedingungen waren unberechenbar. Manchmal hatten wir enorm viel Wind und dann plötzlich wieder keinen mehr.»

Von dem enormen Schaden, den sie zum Schluss noch in Kauf nehmen musste, erfuhr die Öffentlichkeit zunächst nichts. «Ich wollte Sam Goodchild, der sehr nahe an mir dran war, keinen mentalen Vorteil geben», sagt die Skipperin und fasst damit einen Grossteil der Regatta zusammen – ein ständiges Abwägen zwischen Sicherheitsbedenken, Speed und taktischen Entscheidungen.

So kämpfte sich die Genferin mit Ach und Krach ins Ziel. Als sie sich dann im Hafen von Les Sables-d’Olonne von den Fans bejubeln lässt, klafft ein unübersehbares Loch in ihrem Hauptsegel. Sam Goodchild, ein britischer Konkurrent, erreicht nur 25 Minuten nach ihr das Ziel. «Das ist sozusagen nichts, wenn man die Umsegelung der ganzen Welt hinter sich hat», meint Mettraux schmunzelnd.

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