Mae (5) zeichnet Scherenschnittmuster auf Papiertüten und schiebt sie seinem Papa in einem Stapel hin. «Ausschneiden, bitte!» Wie praktisch, wenn man einen Sportler zum Vater hat. Mit der Schere mehrere Lagen Papier gleichzeitig zu durchtrennen, braucht Kraft und Ausdauer. Beides legt Max Heinzer (36) nicht nur mit dem Degen, sondern auch am heimischen Esstisch an den Tag. Wäre Basteln eine olympische Disziplin, der Fechter hätte die Goldmedaille schon im Sack.
Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.
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Obs auch für echtes Edelmetall reicht? Noch bis Mitte März läuft die Qualifikation für die Sommerspiele in Paris 2024. «Es wäre sehr schön, wenn ich nach Tokio, Rio und London ein viertes Mal olympische Luft schnuppern könnte», sagt der Welt- und Europameister. Er ficht, seit er fünf Jahre alt war. Nach dem Tausch des Floretts gegen den Degen mauserte er sich schnell zu einem der besten Fechter der Welt. Doch in den vergangenen Monaten wurde es ruhiger um ihn. Der Rücktritt steht unausgesprochen im Raum. «Fest steht nichts. Aber ich beginne, langsam über ein Leben nach dem Spitzensport nachzudenken.»
Max Heinzer über seine Pläne nach dem Spitzensport
Aufgegleist ist es bereits, das neue Leben. Im Frühsommer haben Max Heinzer und seine Frau Janique (30) ein Haus gekauft. «Es gab viele Interessenten, und wir mussten uns für die Bewerbung ins Zeug legen. Sogar ein Modell unseres Traumhauses haben wir nachgebaut», erzählt Max. Der Aufwand hat sich gelohnt, Heinzers erhielten den Zuschlag. «Wir konnten unser Glück kaum fassen!»
Das dreistöckige Häuschen mit Schindelfassade und einigem Renovierungsbedarf liegt mitten in Küssnacht SZ – in Fussdistanz zur Seebodenalp-Seilbahn, die einen Richtung Rigi bringt. Vor zwei Monaten konnten Max und Janique mit Mael, Mahina (3) und Lou (8 Monate) endlich die oberen zwei Stockwerke beziehen. «Es ist schön, als Familie ein eigenes Daheim zu haben!»
Der unterste Stock steht noch leer. Er bietet Platz für Träume. Janique, gelernte Psychomotorik-Therapeutin, hat eine Ausbildung zur Doula abgeschlossen und könnte sich vorstellen, dereinst Frauen beim Geburtsprozess zu begleiten und so zum Einkommen der Familie beizutragen. Max hat Sportwissenschaften studiert und träumt davon, sich nach dem Rücktritt weiterzubilden. «Es gibt so vieles, das mich interessiert! Von Sportmanagement bis hin zur eigenen Fischfarm.»
Unter dem Dach liegen die Schlafzimmer. Das Wohngeschoss in der Mitte besteht aus einer offenen Küche und stufenfreiem Holzboden. Perfekt für Lou, der bereits in sportlicher Geschwindigkeit überall hin kriecht, wo es was Interessantes in den Mund zu nehmen gibt. Gerade ist er unterwegs zum Christbaum, dort hängt eine Glaskugel wunderbar tief! Mael reagiert blitzschnell, zieht ihn am Windelbund zurück. «Die darfst du nicht haben, Lou, sonst geht sie kaputt», belehrt er seinen Babybruder. «Aber ich zeige dir eine, die du anfassen darfst.» Er holt eine Papierkugel, die er selbst gebastelt hat, und hält sie seinem jüngsten Geschwisterchen vor die Nase. Lou fackelt nicht lange, greift danach und probiert, ob man das wohl essen kann. «Da hat jemand Hunger», stellt Janique fest und hebt ihren Säugling hoch, um ihn zu stillen.
Derweil dekoriert Max mit Mael und Mahina den Christbaum fertig. Ganz schön bunt wird er! Klassische Kugeln, selbstgemachter Schmuck und Tierfigürchen baumeln an den Zweigen. «Die Kinder dürfen sich jedes Jahr eine neue Weihnachtskugel aussuchen, und wenn sie irgendwann ausziehen, geben wir ihnen den Schmuck als Erinnerung mit», sagt Janique. «Jetzt bitte noch nicht davon sprechen, dass sie mal ausziehen werden», mahnt Max mit spielerisch gequältem Gesichtsausdruck.
Was Max und Janique Heinzer aneinander lieben
Max und Janique sind seit acht Jahren ein Paar. Sie lernten sich an einer Party kennen. «Janique wollte mich eigentlich mit einer Freundin verkuppeln, aber ich interessierte mich mehr für sie.» Nach dem ersten Eindruck merkt er schnell: Mit dieser Frau kann man Pferde stehlen! Und auch mal über sich hinauswachsen. «Ich bin weder musikalisch noch ein begabter Tänzer», gesteht Max Heinzer. Dennoch habe Janique es geschafft, ihn vor der Hochzeit 2019 zu einem Salsa-Tanzkurs zu überreden. «Niemand lockt mich so aus der Reserve wie sie!» Was er an ihr aber besonders liebe, sei ihr gutes Herz. «Sie ist der hilfsbereiteste und selbstloseste Mensch, den ich kenne.»
Auch sie schwärmt: Max sei ein hingebungsvoller Vater, der die Kinder behüte und einfach sie selbst sein lasse, ohne Erwartungen. Dabei gehe er manchmal fast schon zu weit. Wenn er etwa einen Abend alleine mit den Kindern verbringe, schmeisse er jedes Mal gleich eine Kinoparty. «Verwöhnen, das kannst du gut. Erziehen tu dann ich», neckt Janique ihren Mann.
Als wolle er bestätigen, dass man mit Papa besonders viel Spass haben kann, fragt Mael: «Werden wir wieder Fleisch fischen an Weihnachten?» Letztes Jahr hat Max seinem Erstgeborenen fürs Fondue Chinoise eine kleine Angelrute gebastelt – mit Haken dran, um die Fleischröllchen in die Suppe zu tunken.
Heuer gibts Lachs. Einen, den Max Heinzer am Rande des Weltcups im kanadischen Vancouver kurz vor Weihnachten selbst gefangen hat. Für einen Podestplatz reichte es dort knapp nicht. Doch die Enttäuschung war schnell vergessen. «Mit drei Kindern kann man nicht nach Hause kommen und tagelang einen Lätsch ziehen, das würden Mael, Mahina und Lou nicht verstehen», sagt Max Heinzer. Die Vaterschaft habe ihn nämlich gelehrt: «Dass es Wichtigeres gibt als den sportlichen Erfolg.»