Götzis (Ö), das Mehrkampf-Mekka in Vorarlberg – neben WM oder Olympia das alljährliche Mass aller Dinge. Weltweit. Am Pfingst-Wochenende ist es wieder so weit. Klar, dass Simon Ehammer, der letztjährige EM-Zweite von München, auf das Zehnkampf-Spektakel heiss ist. Zumal es für den Appenzeller fast vor seiner Haustür steigt. «Die Tribüne im Mösle-Stadion ist ausverkauft», sagt Ehammer. «Unter den Fans wird die Post abgehen. Und bei dieser Atmosphäre kann ich leistungsmässig immer noch einiges draufpacken.»
Ehammers Ansprüche an sich selbst sind hoch. Die Olympia-Limite für Paris ist sein Ziel. 8460 Punkte – nur beim Gewinn von EM-Silber letztes Jahr in München hat er noch 8 Punkte mehr gesammelt. Aber hohe Ziele sind für Ehammer kein Hindernis. «Die Saison-Vorbereitung ist optimal verlaufen. Meine Hürden-Zeit aus den ersten Wettkämpfen ist sensationell, der Weitsprung funktioniert nach dem Nuller bei der Hallen-EM in Istanbul wieder, und die Leistungen in den anderen Disziplinen sind stabil.»
Mehr zur Leichtathletik
Grosses Team für den Erfolg
Hinter dem Selbstvertrauen, das Ehammer an den Tag legt, stecken harte Arbeit und ein gutes Trainer-Team. Am Sportleistungszentrum Appenzellerland Sport in Teufen, wo er wöchentlich zwischen 24 und 30 Stunden trainiert, koordiniert René Wyler die Trainingsarbeit der einzelnen Disziplinen. Bruder Karl unterstützt ihn dabei und betreut Simon Ehammer bei den Wettkämpfen.
Yves Zellweger ist für den Weitsprung zuständig, jene Disziplin, in der Ehammer 2022 bei den Spezialisten WM-Dritter wurde. Roman Wagner leitet die Trainings im Stabhochsprung. Für den Hürdensprint wurde der einstige Trainer von Lisa Urech punktuell ins Boot geholt: Sven Rees, Verantwortlicher für das Deutschen Leistungszentrums in Stuttgart. Mit Christian Gutgsell und dem Sportarzt Pierre Hofer sind Physiotherapie und der medizinische Bereich abgedeckt.
Hypnotiseur statt Mentaltrainer
«Bis 2021 habe ich mit einem Mentaltrainer gearbeitet. Doch seither hilft mir ein erfahrener Hypnotiseur, der auch mit den Handballern von Pfadi Winterthur arbeitet, im mentalen Bereich», sagt Ehammer. Mit ihm habe er den Weitsprung-Patzer von Istanbul weggesteckt. «Das hat schon weh getan», blickt Ehammer zurück. «Aber ein Nuller in Götzis oder bei einer WM oder Olympia wäre schmerzhafter.»
Die wichtigste Person in Ehammers KMU ist aber seine Verlobte Tatjana Meklau. «Bei ihr lasse ich alle meine Freude oder auch den Frust raus. Das ist für sie nicht immer einfach. Aber Tatjana hat vollstes Verständnis und hilft mir bei der Verarbeitung sehr.»
Arbeit schenkt finanziell ein
Dass Ehammer mittlerweile unter den Leichtathleten eine begehrte Nummer ist, zeigt auch das Interesse grosser Sponsoren. Seit kurzem steht er bei Red Bull unter Vertrag. «Ich bin sehr stolz, Teil eines Teams mit Skistars wie Shiffrin, Kilde und Marco Odermatt zu sein», sagt Ehammer. Diese Woche wurde zudem die Zusammenarbeit mit Omega fix gemacht. Auch Ehammers Manager Michael Schiendorfer leistet also, was das Wirtschaftliche anbelangt, gute Arbeit.
Zu dem, was auf den ersten Blick wie ein bis ins letzte Detail hochprofessionell organisierte Sportler-Leben ausschaut, liefert Ehammers «Chef» René Wyler einen überraschenden Kontrapunkt: «Während andere Top-Athleten über den Winter wochenlang an der Wärme im türkischen Belek, in Südafrika oder auf Teneriffa trainieren, war Simon über die Osterzeit erstmals in seiner Karriere eine Woche lang in einem Trainingslager im Ausland. In Lana, im Südtirol.» Auch dort hat der Appenzeller «Superman» seine Anziehungskraft spielen lassen.
«Sven Rees ist für Hürdentrainings extra zu uns gefahren. Und hat mit Tim Nowak, dem deutschen EM-Siebten im Zehnkampf, gar noch einen guten Trainingspartner mitgebracht.» Einem Ehammer-Feuerwerk beim Zehnkampf von Götzis am Pfingst-Wochenende steht also nichts im Weg.