Mujinga Kambundji (28) hat es vorgemacht. Zum Saisonauftakt sprintet die Bernerin letzten Mittwoch in Tschechien über 200 m in einem Weltklassefeld auf Platz 3, lässt auf den letzten Metern die zweifache Weltmeisterin und Olympia-Silbermedaillengewinnerin Dafne Schippers (Ho) stehen. Besser geht es kaum zum Saisonstart. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die WM-Dritte über 200 m von 2019 neun Monate lang keinen ernsthaften Wettkampf mehr bestritt, sich mit Verletzungen herumplagte. «Die Zeit ist noch gar nicht so wichtig», sagt Kambundjis Trainer Adrian Rothenbühler. «Sie muss merken, dass sie auf dem richtigen Weg ist, dass sie wettbewerbsfähig ist.»
Kambundjis Start ist ein Vorgeschmack auf das, was die Schweizer Leichtathletikfans in dieser Olympiasaison erwarten könnte: Der Sommer wird schnell!
Wicki und Reais starteten stark
Da ist neben Kambundji natürlich Ajla Del Ponte (24), letzte Saison über 100 m die schnellste Frau Europas. Doch dahinter kommt noch mehr: Silvan Wicki (100 m) und William Reais (200 m) haben beide ebenfalls schon solide Wettkämpfe in den Beinen, Rekordsprinter Alex Wilson ist noch in Florida im Trainingslager. Für die Hallen-EM in Polen schafften letzten Winter über 60 m gleich sieben Frauen die Limite, nur drei durften mitfahren!
Wie kommts, dass ausgerechnet die kleine Schweiz so viele schnelle Sprinter hat? Da gibts den von der UBS gesponserten «Kids Cup», der Hunderttausende von Kindern und Jugendlichen mit der Leichtathletik und mit deren Stars in Berührung bringt, viele erst in den Sport holt.
Da sind die früheren Erfolge der 4x100-m-Staffel um Kambundji und Lea Sprunger unter dem damaligen Trainer Laurent Meuwly. «Ich wollte unbedingt in diese Staffel», sagt Ajla Del Ponte.
Da gibts Kambundjis früheren Coach Valerij Bauer, dessen Methoden Schweizer Trainer Mitte des letzten Jahrzehnts übernommen und adaptiert haben.
Selektions-Strategie des Verbands zahlt sich aus
Einen Effekt scheint auch die Selektions-Strategie von Swiss Athletics zu haben. Die Schweizer orientieren sich an den offiziellen Empfehlungen des internationalen Verbands, sind damit weniger streng als andere Nationen. Der Effekt: Die Motivation bei den Nachwuchshoffnungen steigt, wenn sie früh an Junioren-Grossanlässe dürfen. «Das gibt denen extrem viel, auch wenn sie im ersten Jahr vielleicht noch nicht über die Vorläufe hinauskommen», sagt Sprint-Nationaltrainer Patrick Saile. «Ob als Antrieb, als Bestätigung oder auch um einfach gegen internationale Konkurrenz zu bestehen. Das hat sich sehr bewährt.»
So sehr, dass mittlerweile sogar die 400-m-Läufer auf der Kurzstrecke zu explodieren scheinen. Mit Ricky Petrucciani läuft ein 400-m-Spezialist in Ostrava (Tsch) die 100 m in 10,33 Sekunden. «Vor ein paar Jahren hätten wir darüber gejubelt», sagt Saile. Mittlerweile ist das schon fast normal. Wie es sich für eine Sprintnation gehört.