Die Laufwelt staunt über Matthias Kyburz! Da biegt in der Weltmetropole Paris ein Schweizer, der noch nie einen Marathon bestritten hat, am Sonntagmorgen kurz nach 10 Uhr an siebter Stelle auf die Zielgerade ein und jubelt vor dem Triumphbogen über die geschaffte Olympia-Quali.
Der 34-jährige Marathon-Neuling läuft hinter sechs afrikanischen Läufern als bester Europäer ins Ziel. Im Orientierungslauf hat Kyburz schon fast alles gewonnen. Nun triumphiert er auch auf der grossen Laufbühne mitten in Paris beim Grossevent mit über 50'000 Finishern. Der Fricktaler ist nach dem Marathon-Coup überwältigt, als er das erste Mal aufs Handy schaut, sagt nach dem Rennen zu Blick: «Als OL-Weltmeister habe ich nur halb so viele Nachrichten gekriegt.»
Am Anfang sogar zu schnell unterwegs
Die Zeit, die er auf den Asphalt von Paris und die Pavés vor dem Triumphbogen zaubert, ist sensationell: 2:07:44 – erst zwei Schweizer überhaupt haben einen Marathon noch schneller bestritten. Das waren Viktor Röthlin (49), der Betreuer von Kyburz bei diesem kühnen Olympia-Projekt, und Tadesse Abraham (41), der im Sommer nun einen Schweizer Teamkollegen an Olympia bekommt.
Das kühne Olympia-Projekt
Kyburz läuft mitten in der Top-Elite, kommt nur gut zwei Minuten später als Sieger Mulugeta Uma (Äth) ins Ziel. «Jetzt tun die Beine richtig, richtig weh», sagt er. Wie ist es dem Quereinsteiger über die gut 42 Kilometer ergangen? «Bei Kilometer 20, 25 entlang an der Seine habe ich mich richtig gut gefühlt. Aber am Anfang waren wir sogar etwas zu schnell unterwegs.»
Wir? Das mit den Tempomachern hat geklappt. Die Organisatoren haben Kyburz nach dem Weibeln von Coach Röthlin zwei Zugpferde zur Verfügung gestellt. Kyburz muss ihnen in der Anfangsphase sagen, leicht zu verlangsamen. «Ab Kilometer 30 sind dann die Tempomacher rausgegangen, dann hat es ziemlich schnell gekehrt und wurde ein Kampf.» Dass der Start eher schnell war, hilft ihm dann aber mental, da er immer noch etwas Zeitreserve hat.
In vier Monaten wieder beim Eiffelturm durch
Als es hart wird, beginnt Kyburz in der Wade ein leichtes Ziehen zu spüren. Er hofft, dass es auf dem Kampf ins Ziel nicht zu Krämpfen kommt. Davon bleibt er verschont. Er verliert einige Sekunden, rettet aber, angefeuert durch seine vielen Anhänger an verschiedenen Orten am Strassenrand, 26 Sekunden auf die Olympia-Limite ins Ziel. Nach dem Einlauf vor dem Triumphbogen kommt es mit ihnen zum Siegerfoto, das sie Blick freundlicherweise zur Verfügung stellen.
Der OL-Star, der 15 Jahre lang vorwiegend im Wald unterwegs war und nur punktuell Strassenläufe bestritt, hat es also geschafft. Orientierungslauf ist nicht olympisch, dabei ist Kyburz in diesem Sommer trotzdem. Der Olympia-Marathon geht am 10. August über die Bühne. Über die grosse Bühne. Mitten in der Weltmetropole Paris. Da, wo Kyburz seine Spuren schon hinterlassen hat.