Olympia endet für Angelica Moser mit einer Enttäuschung. Sie verpasst den Final. Und verarbeitet den Frust, indem sie sich intensiv dem Training widmet. So auch am 10. August. Doch dann erlebt sie den Horror jeder Stabhochspringerin: Ihr Stab bricht. Die 24-Jährige landet mit schweren Verletzungen im Spital. Diagnose: Bluterguss am Rücken, mehrere Muskelfaserrisse sowie ein kleiner Pneumothorax.
Gegenüber der «SonntagsZeitung» spricht sie nun erstmals über den Unfall. «Dänn häts de Stab verbutzt!», fasst sie den fatalen Moment zusammen. Die Halleneuropameisterin knallt Kopf voran mit Nacken und Rücken auf den Boden. Die Erinnerungen an den Sprung sind da, die an den freien Fall nicht. «Ich konnte den Absturz relativ gut auffangen», weiss Moser noch. Sie hat riesiges Glück, spürt sofort, dass sie Finger und Zehen bewegen kann.
Ohnmächtig vor Schmerzen
Die Zeit danach ist von irrsinnigen Schmerzen geprägt, die mit stärksten Mitteln bekämpft werden. «Eine Woche nach dem Unfall wurde ich in der Therapie für einige Minuten ohnmächtig, wohl wegen der Schmerzen, der Mittel dagegen, des tiefen Blutdrucks und Atemlosigkeit», erzählt Moser. Sie landet ein zweites Mal im Spital.
Acht Wochen nach dem Zwischenfall kann sie wieder joggen und einige koordinative Bewegungen machen. Sie bezeichnet es als «Physiotherapie mit fliessendem Übergang zu mehr».
Wieso der Stab gebrochen ist, kann sie nur vermuten. «Es kann sein, dass der Stab auf der Reise nach Tokio oder von dort zurück beschädigt wurde.» Neben der Bruchstelle wurde ein feiner Kratzer gefunden, womöglich ist er der Schuldige. Sie könne aber nun nicht jedes Mal jeden Stab auf solche untersuchen, meint Moser.
Lieber blickt sie optimistisch in die Zukunft. Weil Geduld nicht ihre Stärke ist, peilt sie eine Rückkehr in der anstehenden Hallensaison an.
Vorfreude auf den ersten Sprung
Bis sie wieder einen Sprung wagen kann, müssen nicht nur ihre körperlichen, sondern auch ihre psychischen Wunden heilen. «Ich habe das Gefühl, dass das Springen für den Kopf kein Problem sein wird. Ich habe keine Angst vor dem ersten Sprung, ich freue mich sogar darauf», ist Moser zuversichtlich. Denn beim Unfall habe sie keinen Fehler gemacht, sie könne sich nichts vorwerfen.
Wie sie das Ganze verarbeitet hat, wird sich aber erst unmittelbar vor dem ersten Sprung zeigen. «Es kann schon sein, dass ich dort stehe und es geht nicht», ist sich Moser bewusst.
So oder so ist der Weg zurück dorthin, wo sie vor dem Unfall war, noch lang. (bir)