«Ich bin nicht gerne allein»

Mujinga Kambundji vor ihrem einsamsten Rennen

Wenn heute in Zürich der Startschuss fällt, dann ist Mujinga Kambundji so allein wie sonst kaum je. Dort, wo ihr sonst 25'000 Zuschauer zujubeln und mit ihrem Lärm für die nötige Nervosität sorgen, wird heute gespenstische Stille herrschen. Keine Fans, ja nicht einmal Gegnerinnen werden da sein. Nur Kambundji und die Tartanbahn.

«Vor so leeren Rängen bin ich wohl noch nie oder sicher schon lange nicht mehr gelaufen. Es wird sicher sehr speziell sein und ich kann es mir noch gar nicht so recht vorstellen», sagt die WM-Bronze-Gewinnerin über 200 Meter zu BLICK.

Gegnerinnen auf einem anderen Kontinent

Kambundji will das Rennen ganz normal angehen, wie jedes andere auch. Dass das Rennen aber alles andere als alltäglich ist, zeigt auch die Distanz. Sie startet über 150 Meter, was sie praktisch noch nie in ihrer Karriere gemacht habe. Ein Ziel setzt sie sich darum sowieso nicht. Kambundji: «Ich hoffe einfach auf guten Lauf. Leistungsmässig habe ich keine grossen Erwartungen.»

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Verrückt! Dass da keine anderen Läuferinnen mit auf der Bahn sind, wird die 28-Jährige nicht ganz ausblenden können. Zwar ist Kambundji sowieso immer bemüht, die Gegnerinnen bewusst zu ignorieren nach dem Einmarsch ins Stadion. Sie begibt sich in einen Tunnel, will rechts und links nichts wissen. «Aber man nimmt sie trotzdem immer wahr, zumindest ein bisschen.» Vor allem auf der Bahn und im Ziel wird’s dann schräg. «Ich habe ja keinen Vergleich.»

Der Lärm fehlt Kambundji

Noch mehr vermissen wird Kambundji aber die Fans. Zwar höre sie jeweils nichts spezifisch heraus. Doch der Lärm, die Stimmung, treibt die Bernerin an. «Wenn ich sonst ins Stadion einlaufe in Zürich und es so mega laut wird, dann werde ich noch nervöser. Dann wird es vor dem Start ganz ruhig, ehe es plötzlich wieder richtig laut wird. Das alles wird mir fehlen», so Kambundji.

Sowieso ist sie keine, die Einsamkeit sucht. Ab und zu kann sie es zwar auch geniessen, wenn sie unterwegs mal alleine ist. «Aber nur mal einen Tag oder einen halben. Ich bin nicht gerne allein, sondern lieber in der Gruppe unterwegs.»

Sonst hilft bei Einsamkeit das Telefon

Wenn sie die Einsamkeit dann doch mal trifft, weiss sich die Sprinterin zu helfen. Meistens ist ihre grosse Familie mit den drei Schwestern oder eine Freundin zur Stelle. «Ich rufe dann einfach jemanden an. Dann fühle ich mich grad weniger einsam, auch wenn ich physisch allein bin.»

Heute wird ihr das Telefon nicht helfen können. Heute um 20.10 Uhr gibt es nur Kambundji und ihren Startblock.