Auf einen Blick
- Mit Ehammer stellt sich weiterer Top-Weitspringer gegen Reform
- Es geht darum, von einer Zone statt einem Balken abzuspringen
- Warum sich so viele Stars dagegen sträuben
«Ich finde gut, was Annik gemacht hat», sagt Simon Ehammer (25). In St. Gallen bereitet er sich auf die Schweizer Hallen-Meisterschaften vor, die am Wochenende da stattfinden. Berufskollegin Annik Kälin (24), die beste Mehrkämpferin des Landes, hat sich letzte Woche vom Meeting in Berlin zurückgezogen, als sie kurzfristig erfuhr, dass da in ihrer Paradedisziplin Weitsprung die Regeln verändert werden.
Der Weltverband testet erstmals an grösseren Meetings eine Revolution, Düsseldorf machte den Anfang, Berlin folgte. Mit Ehammer äussert nun ein weiterer Top-Weitspringer seinen Unmut: «Ich habe wenige Athleten gehört, die positiv darüber sprechen. Wie auch ich, ich bin kein Freund davon.»
Ehammer ist nicht der Erste, der vom Boykott spricht
Konkret: Statt eines Absprungbalkens gibt es neu eine Absprungzone, die 40 cm breit ist. Darin darf man von überall abheben. Gemessen wird durch moderne Kameras von dort, wo der Fuss beim Absprung effektiv war, statt vom fixen Balken aus. Ziel ist, die vielen Fehlversuche zu reduzieren und weite Sprünge zu ermöglichen, was attraktiver für die Fans sein soll.
Ehammer sagt: «Auch ich habe mir meine Gedanken gemacht, was ich tun würde, würden sie es definitiv einführen. Ich glaube, ich würde zwar nicht mit dem Weitsprung aufhören, aber wahrscheinlich ein Jahr lang auf Weitsprung-Wettkämpfe verzichten.» Ein Statement, fast wie Doppel-Olympiasieger Miltiadis Tentoglou (26), der sagte: «Wenn das kommt, mache ich nicht mehr Weitsprung, sondern Dreisprung.» Doch warum sind so viele Stars gegen die Änderung, die zu weiteren Sprüngen führen würde?
In den Worten von Ehammer: «Der Weitsprung lebt von der absoluten Perfektion. Davon, den Anlauf so zu optimieren, dass man vorne einen perfekten Absprung hat und dann eine super Weite schafft. Da gehören ungültige Versuche und solche, wo man mal 15, 20 Zentimeter verschenkt.» Neu wäre die Weitsprung-Anlage wie eine Autobahn, auf der die Athleten möglichst schnell nach vorne rasen und dann ohne grosse Mühe abspringen würden. Weniger Technik, mehr Speed.
Ein Pilotprojekt – ist das glaubhaft?
In der gleichen Trainingsgruppe ist Andrin Huber (20), der in Abwesenheit von Ehammer vor gut einer Woche in Magglingen BE Schweizer Mehrkampf-Meister in der Halle wurde. Auch er sagt: «Es nimmt Spannung weg. Es braucht viel mehr Fähigkeiten, präzise zu sein, als Vollgas drauf loszurennen und eine riesige Sprungkraft zu haben.»
Der Weltverband bekräftigt, dass es erst ein Pilotprojekt sei, man die Reaktionen der Athleten sammle. Ist das glaubhaft? Ehammer zweifelt: «Die Athleten werden aus meiner Sicht gar nicht miteinbezogen, ich wurde nie gefragt, was wir Athleten davon halten.»
Grosse Bedenken an der Weitsprung-Revolution gibts in der Schweiz sogar von offizieller Seite. Philipp Bandi (47), Chef Leistungssport beim Verband, meint auf Blick-Anfrage: «Wir erachten es als wichtig und richtig, dass sich die Leichtathletik weiterentwickelt und in unserer Sportart neue Formate getestet werden. In diesem konkreten Fall sind wir jedoch skeptisch, ob die Wettkämpfe dadurch spannender und fairer werden. Aus unserer Sicht ist es unerlässlich, dass bei so einschneidenden Neuerungen die Meinungen der Athletinnen und Athleten berücksichtigt werden.»
Grosse Bedenken an der Weitsprung-Revolution gibts in der Schweiz sogar von offizieller Seite. Philipp Bandi (47), Chef Leistungssport beim Verband, meint auf Blick-Anfrage: «Wir erachten es als wichtig und richtig, dass sich die Leichtathletik weiterentwickelt und in unserer Sportart neue Formate getestet werden. In diesem konkreten Fall sind wir jedoch skeptisch, ob die Wettkämpfe dadurch spannender und fairer werden. Aus unserer Sicht ist es unerlässlich, dass bei so einschneidenden Neuerungen die Meinungen der Athletinnen und Athleten berücksichtigt werden.»